Die Handschrift des Chefs zu fälschen, könnte Vorteile bringen, zum Beispiel bei der Urlaubsplanung. Das Imitieren von Handschrift ist jedoch schwierig, für Mensch und Maschine. Mit der Entwicklung zweier britischer Forscher könnte es in Zukunft leichter werden. Gerrit Krämer berichtet.
Im englischen Wessex an der University of Bath forscht Tom Haines. Anfänglich hatte er geplant, mit zwei Forscherkollegen ein Programm zu schreiben, das erkennen sollte, ob eine Handschrift gefälscht ist. Ziemlich schnell ist ihnen klar geworden, dass es sinnvoll wäre, zunächst erst mal eine Software zu erstellen, die Handschriften fälschen kann. Denn die Forscher hatten während ihrer Arbeit erkannt: Wenn man selbst Fälscher ist, sind Fälschungen erheblich leichter zu identifizieren. Sie entschlossen sich also kurzerhand, ein System zu entwickeln, das Handschriften imitieren kann. Und offenbar ist es ihnen geglückt.
Die Funktionsweise
Um eine Handschrift nachzuahmen, müssen ein paar von einer Person aufgeschriebene Sätze eingescannt werden. Anschließend folgt ein halbautomatischer Markierungsprozess. Ein Mensch teilt dem Computer mit, welcher Buchstabe ein A oder ein B ist, bis alle Buchstaben in großer und kleiner Schreibweise sowie Satzzeichen identifiziert sind. Das System lernt bei diesen Schritten nicht nur die einzelnen Buchstaben nachzuahmen und in der jeweiligen Form wiederzugeben. Es analysiert gleichzeitig auch den Gesamteindruck der Schrift und die Besonderheiten bei bestimmten Zeichenfolgen.
Die Forscher haben herausgefunden, dass gerade die Abstände zwischen den einzelnen Buchstaben und wie diese miteinander verbunden sind das wichtigste Kriterium bei der erfolgreichen Nachahmung einer Handschrift sind. Soll eine Person mit einer Handschrift getäuscht werden, kommt es vor allem auf den Schreibfluss und damit die Aneinanderreihung der Buchstaben an. Ist der Schreibfluss nicht gut simuliert, wirkt eine Handschrift schnell künstlich und wird als Fälschung erkannt.
Einsatzmöglichkeiten
Laut der Kommunikationsagentur Ogilvy & Mather erreicht handschriftliches Marketing eine unglaubliche Öffnungsrate von 99 Prozent, während E-Mail-Marketing auf lediglich 16,8 Prozent komme. Ein weiterer Einsatzbereich wäre der Versand von maschinell erstellten Gruß- oder Glückwunschkarten, da solche bisher meist schrecklich unpersönlich wirken. Bei handschriftlichen Übersetzungen könnte die originale Handschrift des Autors einfach in einer anderen Sprache dargestellt werden. Hinzu kommen natürlich die eingangs erwähnten Szenarien im Büro: Unterschriften unter gefälschten Zeugnissen, Abrechnungen und Verträgen wären kein Problem mehr, damit jedoch auch ein riesiges Problem.
Es gibt bereits Unternehmen, die handschriftliche Briefe maschinell erstellen lassen: Pensaki, Wunderpen, Inkpact oder ScribbleMail. Dabei steht jeweils keine einzigartige oder nachgeahmte Handschrift zur Verfügung. Es gibt nur eine Auswahl an verschiedenen vorgegebenen Schrifttypen. Die dahinterstehende Software sorgt dennoch für handschriftliche Feinheiten wie eine unterschiedliche Verteilung der Tinte, verschiedene Druckstärken und eine variable Gestaltung von gleichen Buchstaben.