Tillmann Strohbach coacht Unternehmen in Sachen Agilität. Dabei hilft ihm seine langjährige Vertriebserfahrung im Bereich IT-Lösungen. In seiner Kolumne über agiles Arbeiten geht es diesmal um eine Methode für kreatives Arbeiten: das Open-Space-Format.
Häufig finden Veranstaltungen zum Thema New Work und Agilität in Open-Space-Formaten statt. Ursprünglich entwickelt für große Gruppen ist dieses Format, auf Organisationen angewandt, eine großartige Gelegenheit, um vorhandene Potentiale weiter zu entwickeln und gemeinsam nach potentiellen Lösungen zu suchen. Außerdem können so Widerstände bei einzelnen Aufgaben und in der Organisation durch Eigeninitiative aufgedeckt werden.
Wie ich finde, ein sehr positiver Nebeneffekt für Organisationen. Es gibt eigentlich nur ein Gesetz im Open-Space-Format: das „Gesetz der zwei Füße“. Darin heißt es sinngemäß: „Gehe in ein Meeting, wenn Du etwas beitragen oder lernen kannst. Sonst beehre die Runde mit Deiner Abwesenheit.“ Denn Mitarbeiter sitzen sehr oft in Meetings und langweilen sich. Hier kann es also einen zusätzlichen Impuls geben, zumindest die Meetingkultur in der Organisation in Frage zu stellen und zu optimieren.
Was macht das Open-Space-Format besonders?
Das wichtigste zuerst: Es gibt keine Agenda, die vom Chef vorgegeben wird. Vielleicht gibt es noch so etwas wie eine große Überschrift, weil Menschen motiviert werden sollen, daran teilzunehmen und sich für das Thema zu interessieren. Die Agenda wird von den Teilnehmern eigenverantwortlich gestaltet. Nachdem ein Moderator die Regeln des Open Space erklärt hat, schreiben alle Teilnehmer ihren Themenvorschlag auf einen Zettel. Anschließend wird jeder Vorschlag präsentiert und der Zettel an eine Wand gepinnt, die in verschiedene Räume und Zeiten eingeteilt ist. Jeder „Session Owner“‘ (Themenanbieter) sucht sich seinen Raum und seine Zeit zum Angebot seines Themas selbst aus.
Zunächst ist es bei einer Session erst einmal unerheblich, ob der Autor nur Wissen vermitteln oder Teilnehmer befragen oder sich zum Thema austauschen will. Es wird also nicht nur ein Raum für verschiedene transparente, die Mitarbeiter bewegende Themen geschaffen, sondern vor allem auch ein Raum für Wertschätzung und Respekt im Umgang miteinander angeboten. Jeder, der will, kann zu Wort kommen. Es kann passieren, dass ein Thema angeboten wird und keiner meldet sich für die Session. Auch das ist möglich. Dann war die Zeit für dieses Thema noch nicht reif. Doch wenigstens konnte der Autor aufzeigen, was ihn gerade bewegt hat.
Dauer und Ablauf der Sessions
Die einzelnen Sessions sind oft bis zu einer Stunde lang. Für viele ist dabei eine transparente Form der Dokumentation besonders wichtig. So ist gewährleistet, dass später auch andere Mitarbeiter, die gerade nicht in der Session waren, nachlesen oder sich darüber austauschen können, was besprochen wurde und welche Erkenntnisse es gab.
Wichtig dabei: Niemand muss an einer bestimmten Session teilnehmen. In vielen Open-Space-Formaten bilden sich – oft da, wo es Getränke und Essen gibt – kleine Gruppen, die sich dann zu Themen austauschen, die in der ursprünglich erstellten Agenda gar nicht genannt wurden. Auch das ist erwünscht und sollte durch genügend Material für Notizen gefördert werden.
In vielen Unternehmen werden die Ergebnisse der Sessions in Abschlussrunden kurz vorgestellt. Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn es darum geht, dass die Ergebnisse weiter entwickelt bzw. die Mitstreiter dazu motiviert werden sollen. Oftmals wird aber in den finalen Runden nur kurz besprochen, wie es den Teilnehmern geht oder was der Einzelne erlebt hat. Was ihn bewegt oder gar, was die Session mit ihm gemacht hat.
Nutzen aus dem Open-Space-Format ziehen
Aus eigenem Erleben kann ich sagen, dass diese Veranstaltungen immer wieder ein tiefer Brunnen neuer Ideen sind. Jedes Mal eine, bitte entschuldigen Sie die pathetische Form, Quelle der Inspirationen sind. Ich kann jedem aus tiefstem Herzen anraten, solche Veranstaltungen – vielleicht erst einmal im öffentlichen Raum, da Sie dort durch die Anonymität etwas geschützter sind – zu besuchen. Um das Format dann hoffentlich in die eigene Organisation zu tragen. Ein Angebot eines Open Space einmal im Monat, oder wenigstens einmal im Quartal, wird mit großer Sicherheit dazu führen, dass Menschen plötzlich etwas bewegen und gemeinsam gestalten wollen. Glauben Sie mir, bitte.
Am Schluss steht die dringende Bitte: Schaffen Sie Raum für Gedanken. Schaffen Sie Raum für Zeit. Denken Sie daran, dass Sie es mit Menschen zu tun haben, die sich vor allem darin voneinander abheben, dass sie unterschiedliche Gedanken und Erfahrungen haben. Wenn Sie mit den genannten Methoden und einer entsprechenden Moderation die Möglichkeit schaffen, dass Ihre Mitarbeiter ihre Gedanken, Ideen und Erfahrungen teilen können, werden sie erfolgreicher. Versprochen.
Tillmann Strohbach,
Agile Coach. agile-process.de |