Ökologische Nachhaltigkeit umfasst alle Unternehmensbereiche. Wichtige Themen sind Klima, Materialien und Ressourcen, schädliche Substanzen und Wiederverwertung. Wir sprachen mit Dr. Jens Gebhardt, Commercial Director bei Kinnarps, über das Umweltkonzept seines Unternehmens.
OFFICE ROXX: Dr. Gebhardt, was bedeutet Umweltschutz für Kinnarps?
Dr. Jens Gebhardt: Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind seit der Gründung 1942 inhärenter Bestandteil der Identität von Kinnarps. Schon das Gründerpaar handelte im Einklang mit der Natur. Seit zwölf Jahren hat Kinnarps viele neue Maßnahmen für Nachhaltigkeit, Klimaneutralität und Umweltschutz implementiert sowie Ideen aus der Gründerzeit wie zum Beispiel das Blue-Truck-Konzept verfeinert. Bei allen Entscheidungen von der Beschaffung der Rohstoffe über ihre Verarbeitung bis hin zur Auslieferung, Anwendung und Wieder- und Weiterverwendung des fertigen Produkts sind Nachhaltigkeit und Umweltschutz entscheidende Faktoren. Nicht ohne Grund wurde die Nachhaltigkeitsmanagerin bei Kinnarps, Johanna Ljunggren, kürzlich in den Rat der schwedischen Regierung für Kreislaufwirtschaft berufen.
Welche konkreten Maßnahmen ergreift Kinnarps?
Unser Maßnahmenprogramm umfasst alle Bereiche des Unternehmens von der Designentwicklung bis hin zum Aufarbeiten der in die Jahre gekommenen Produkte und ihrem neuen Eintritt in den Kreislauf. Wir produzieren ausschließlich in Schweden und haben daher die volle Kontrolle über alle Schritte. Bei den Rohmaterialien sind überwiegend zertifizierte Materialien im Einsatz und solche, die wir durch Lieferkettenkontrolle nachvollziehen können. 94 Prozent unseres eingesetzten Holzes ist FSC zertifiziert. Mit modernsten Maschinen reduzieren wir unsere Materialabfälle, Reste verarbeiten wir unter anderem für Akustikpaneele, Kissen oder zum Polstern zum Beispiel unseres Hockers Patch.
Im Bereich Klima spielt unser am Markt einzigartiges Blue-Truck-System eine wichtige Rolle. Wir verpacken mit Decken statt mit Kartons und sparen dadurch 270 kg pro LKW-Koffer, das sind 540 kg je LKW bei jeder Lieferung. Durch unser spezielles Verstausystem nutzen wir unsere LKW mit 80 m3 pro Koffer maximal aus – anders gesagt, wir können circa doppelt so viele Produkte ausliefern wie unsere Wettbewerber. 2023 wurden auch Lieferungen der Kinnarps Marke NC Nordic Care in das „Blue Truck“-Liefersystem aufgenommen. Damit konnte nicht nur die Anzahl der Lieferungen insgesamt reduziert werden, sondern auch der CO2-Ausstoß und die Verwendung von Verpackungsmaterial.
Welche weiteren Maßnahmen gibt es zur CO2-Reduzierung?
Ziel ist es, die Treibhausgasemissionen bis 2030 zu halbieren und bis 2050 auf netto Null zu reduzieren. In den vergangenen vier Jahren ist es Kinnarps gelungen, den CO2-Ausstoß um 47 Prozent zu verringern. Wir vermeiden den Einsatz von fossilen Brennstoffen, der Anteil fossilfreier Energie liegt zurzeit bei 77 Prozent. 2020 sind wir auf erneuerbaren Dieselkraftstoff umgestiegen, unsere Blue Trucks fahren mit 100 Prozent Biodiesel. Damit reduzieren wir die durch Lieferfahrzeuge verursachten CO2-Emissionen um fast 2.000 Tonnen pro Jahr.
Im vergangenen Jahr haben wir für ausgewählte Holzdetails mit einer neuen biobasierten Oberflächenbehandlung begonnen. Der Lack basiert teilweise auf nachwachsenden Rohstoffen aus Pflanzen anstelle von fossilen Rohstoffen und das bedeutet eine Reduzierung der Kohlendioxidemissionen um circa 1,5 Tonnen pro Jahr.
Was tun Sie im Bereich Recycling?
Großteile unseres Stahls sind recycelt. Unsere Kunststoffe bestehen zu mindestens 70 Prozent aus recyceltem Material. Komponenten unserer Produkte führen wir ebenfalls in den Kreislauf zurück. Unsere Maschinen für den Stoffzuschnitt verwenden ein automatisiertes Programm, das den Abfall reduziert. An unserer Produktionsstätte in Skillingaryd (Schweden) liegt die Ausnutzung der textilen Ressourcen derzeit bei 83 Prozent. Bis 2025 streben wir einen Wert von 85 Prozent an.
Ermitteln Sie Ihre Auswirkungen auf das Klima?
Ja, wir führen Lebenszyklusanalysen durch und erstellen Environmental Product Declarations (EPDs), um zu beurteilen, woher die Klimaauswirkungen kommen. Das nutzen wir als Grundlage für die Materialauswahl. So arbeiten wir jetzt mit einem biobasierten Schaumstoff, der den traditionellen, fossil basierten Schaumstoff ersetzen soll und die Klimaauswirkungen um 80 Prozent reduziert. Zudem analysieren wir die Emissionen in Bezug auf die Nutzungsdauer der Produkte.
Wie wird Kreislaufwirtschaft nachhaltig?
Unsere Produkte sind so gestaltet, dass sie repariert, aufgearbeitet und wiederverwendet werden können. Durch die hohe Qualität wird nicht nur die Lebensdauer verlängert, die Produkte lassen sich auch an veränderte Bedürfnisse der Kunden und neue Trends anpassen. Mit gutem Design altert das Produkt auch gut. Wir haben in manchen Projekten Möbel aus den 1960er-Jahren im Einsatz, die mit neuen Stoffen und aufgearbeitet noch immer für eine tolle Einrichtung sorgen. Viele Möbelstücke lassen sich durch den Austausch von Tischplatten, Polstern oder anderen Ersatzteilen aufwerten oder überholen. Durch die Möglichkeit, die Lebensdauer der Produkte zu verlängern, können die Kunden selbst Nachhaltigkeit praktizieren.
Welche Anforderungen stellen Kunden in Deutschland an das Thema Nachhaltigkeit? Werden Ihre Strategien überprüft?
Neben den größeren Konzernen fordern mittlerweile auch viele mittelständische Unternehmen in Deutschland Nachhaltigkeitslabels und -normen und erwarten, dass Lieferanten diese erfüllen. Wir freuen uns, immer mehr Kunden in unseren Produktionsstätten in Schweden begrüßen zu können, die sich über das Nachhaltigkeitskonzept vor Ort informieren wollen. Ziel ist es, dass unsere Kunden durch uns nachhaltige Entscheidungen treffen können.