Die Zukunft der Arbeitswelt ist in Bewegung. Das geht aus dem Workspace Benchmark Report 2022 des Planungs- und Beratungsunternehmens Drees & Sommer hervor.
Für die Studie wurden von Juli bis Oktober vergangenen Jahres über 200 IT-, Real-Estate- und HR-Verantwortliche aus rund 20 Branchen wie Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT), Industrie sowie Forschung, Bildung und Wissenschaft befragt. Aufgrund der Auswertungen sind die Studienmacher aus Stuttgart davon überzeugt: Das Büro hat durch mobiles Arbeiten sein Monopol als erste Arbeitsstätte verloren und ist doch wichtiger denn je. Alles, was remote nicht umsetzbar ist, muss das Büro ermöglichen – von A wie Afterwork bis Z wie Zufallsbegegnungen. An die veränderten Anforderungen müssen sich Büroflächen in der Gestaltung wie im Flächenbedarf anpassen.
Das Office lebt weiter
Homeoffice und mobiles Arbeiten sind gekommen, um zu bleiben. Das meinen rund 93 Prozent der Befragten. Während Unternehmen in Deutschland vor der Coronapandemie diesbezüglich eher zurückhaltend waren, hat die Pandemie an den Grundfesten der Präsenzkultur gerüttelt und so in vielen Branchen den Weg für moderne, dezentrale Arbeitsmodelle geebnet. Für Beschäftigte birgt dies laut Drees & Sommer einige Vorteile: weniger verbrachte Zeit auf der Straße, mehr Freizeit und mehr Flexibilität in der Einteilung der Arbeitszeit. Andererseits fragen sich Unternehmen, wie sie dabei die Loyalität und den Innovationsgeist ihrer Mitarbeitenden aufrechterhalten.
„Das Büro ist keinesfalls tot. Es wird bloß zukünftig eine andere Rolle im Arbeitsalltag spielen als vor der Pandemie“, sagt Sven Mylius, Senior Manager und Experte für New-Work-Konzepte bei der Drees & Sommer SE. Teamarbeit und formelle wie informelle Kommunikation rücken in den Vordergrund. Kurz gesagt: Menschen gehen wegen Menschen ins Büro. Fast die Hälfte der Befragten hat diese Entwicklung als Veränderung im Vergleich zu vor der Pandemie wahrgenommen. „An die neuen Anforderungen müssen sich die Büros nun anpassen, zum Beispiel mit Kreativ- und Projekträumen, Kommunikationsflächen und Aufenthaltsangeboten. Das erfordert gleichzeitig ein Umdenken hinsichtlich Arbeitsweisen, Arbeitsorten und Strukturen – und damit auch ein Umdenken in der Unternehmensführung“, so Mylius.
Es menschelt im Büro
Die Sorge vieler Unternehmen, dass die Einführung von Homeoffice und mobilem Arbeiten für leere Büros sorgen werde, ist unbegründet. Das unterstreichen die Ergebnisse der Trendstudie. Rund zwei Drittel der Befragten wünschen sich mobiles Arbeiten an zwei, maximal drei Tagen pro Woche (34 bzw. 32 Prozent). Diese Präferenz ist nicht nur Theorie, sondern sie spiegelt sich auch in der Umsetzung wider. Die Befragten, die zwei bis drei Tage pro Woche mobil arbeiten können, schöpfen diese Möglichkeit regelmäßig aus. Dahingegen tendieren diejenigen, die bis zu fünf Tage pro Woche mobil arbeiten dürfen, eher dazu, dies an nur drei Tagen wahrzunehmen.
Mehr Flexibilität gefragt
Derzeit schätzen die Befragten die Flächenauslastung ihrer Büros auf 31 bis 40 Prozent – das entspricht einer höheren Auslastung als noch vor einem Jahr (Ergebnisse des Workspace Benchmark Report 2021). Das Desk-Sharing-Prinzip nutzen derzeit rund zwei Drittel der Teilnehmenden – Tendenz steigend. Zukünftig sind rund 76 Prozent zu erwarten. Im vergangenen Jahr lag die Nutzung noch deutlich niedriger: bei 52 Prozent.
Mit den neuen Arbeitsmodellen wird voraussichtlich eine Flächenreduktion einhergehen: Rund 61 Prozent der Befragten rechnen damit, dass der Flächenbedarf pro Arbeitsplatz reduziert wird, indem zum Beispiel Einzelbüros wegfallen. Diese Mitarbeitenden erwarten eine Flächenreduktion von 21 bis 30 Prozent. Dagegen ist ein Drittel der Befragten der Meinung, dass es keine Veränderung geben wird. Ein geringer Anteil von rund sechs Prozent rechnet sogar mit einer Flächenerhöhung von elf bis 20 Prozent. New-Work-Konzepte gehen nicht zwangsläufig mit einer Flächenreduktion einher, aber im Büro der Zukunft werden Flächen anders genutzt als zuvor. Shared Spaces machen den größten Flächenanteil aus, während die klassische Arbeitsfläche immer weiter abnimmt.
Flagship-Store Büro
Im Rahmen eines New-Work-Konzeptes kommt es neben der Raumaufteilung insbesondere auf die Gestaltung an. „Im Wettbewerb um Talente wird das Büro zukünftig das Aushängeschild des Unternehmens sein, um Mitarbeiter:innen zu gewinnen und zu halten. Wer hier die Nase vorn behalten will, der muss in die Qualität der Fläche investieren. Wie in einem Flagship-Store erlebe ich im Büro die Arbeitgebermarke, deshalb müssen Markenwerte und Unternehmenskultur in den Räumen spürbar und erlebbar sein“, sagt Martin Becker, Partner bei Drees & Sommer. „Menschen kommen ins Büro, um Kolleg:innen persönlich zu treffen und sich mit dem Arbeitgeber zu identifizieren. Somit werden die Flächen mehr und mehr zur Tankstelle für Identität und Integrität.“
Ein weiteres Fazit der Studienverantwortlichen ist: Es wird für Unternehmen zunehmend wichtiger, eine Strategie für den Umgang mit dem Thema New Work zu entwickeln. Rund drei Viertel der Befragten gaben an, in ihrem Unternehmen bereits eine Strategie zu haben oder zu erarbeiten. Dabei sollte die New-Work-Strategie auf die Unternehmensstrategie einzahlen, um ein ganzheitliches Verständnis zu schaffen. Ist das Verständnis intern im Unternehmen vorhanden, so kann auch extern eine Akzeptanz des Themas New Work erzeugt werden und auf die Arbeitgeberattraktivität einzahlen.