Zwei Komponenten, die im Büro stimmen müssen, sind Arbeitsklima und Raumluftklima. Letzteres hat in der Pandemie mehr an Bedeutung gewonnen. Dr. Kai Rewitz und Prof. Dr. Dirk Müller von der RWTH Aachen kennen Hilfsmittel, mit denen sich das „aerosolgebundene Infektionsrisiko“ reduzieren lässt.
Gesunde Luft in Büroräumen ist essenziell für das Wohlbefinden der Beschäftigten. Genauso wichtig ist es, ein mögliches Infektionsrisiko in solchen Arbeitsumgebungen zu kennen. Dazu hat die RWTH Aachen University ein frei zugängliches Online-Berechnungstool namens RisiCo entwickelt. Dieses ermöglicht das Berechnen eines relativen Infektionsrisikos zum Beispiel in einem Büro im Vergleich zu einem als akzeptabel bewerteten Referenzszenario – einem sehr gut belüfteten Klassenraum.
Infektionsrisiko in Innenräumen berechnen und reduzieren
Für die Berechnung genügt die Eingabe einiger technischer Parameter wie Raumgröße oder Belüftungsart. Zusätzlich fließen Angaben zur Anzahl und zu den Aktivitäten der anwesenden Personen sowie deren Aufenthaltszeiten in die Risikoberechnung mit ein. Aber auch das Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen und der Einsatz von Luftreinigern beeinflussen das relative Infektionsrisiko. Ebenfalls kann eine obere CO2-Grenzkonzentration ermittelt werden. Diese ist hilfreich beim Einsatz von Lüftungsampeln, die wichtige Hinweise zum Lüftungsverhalten oder zur Anpassung der Raumbelegung geben können.
Das in RisiCo hinterlegte Szenario Großraumbüro kann mit einer Belegung von 33 Personen und einer Lüftungsanlage, die einen zweifachen Luftwechsel je Stunde realisiert, als Beispiel herangezogen werden. Durch den Einsatz von zwei Luftreinigern mit einem äquivalenten Frischluftvolumenstrom von jeweils 1.200 m3 pro Stunde ist laut des Berechnungstools eine ungefähre Halbierung des relativen Infektionsrisikos möglich.
Infektionsrisiko senken mit richtiger Raumluftfeuchte
Die Luftfeuchte ist ebenfalls ein wichtiger Faktor. Denn sie beeinflusst den Komfort der Beschäftigten und wirkt sich direkt wie auch indirekt auf deren Gesundheit aus. Mit steigender Luftfeuchte wird die Raumtemperatur oft als wärmer und die Luftqualität als stickiger empfunden. Eine geringe Luftfeuchte dagegen kann zu körperlichen Beschwerden wie trockenen Augen und trockener Haut führen sowie die körpereigenen Reinigungsfunktionen der Atemwegsschleimhäute beeinträchtigen.
Zudem beeinflusst die Luftfeuchte die Suspensionszeit (Verweilzeit) von durch den Menschen ausgeatmeten Aerosolen in der Luft. Bei trockenen Umgebungen verdunstet der Flüssigkeitsanteil schneller, sodass mögliche virenbeladene Aerosolpartikel leichter werden und somit länger in der Luft schweben können.
Je nach Krankheitserreger wirkt sich die Luftfeuchte auch auf deren „Lebensdauer“ aus. Bei Influenza-Viren wurde nachgewiesen, dass bei einer relativen Luftfeuchte von unter 23 Prozent nach gut einer Stunde fast fünfmal mehr infektiöse Viren in der Luft sind als bei einer Luftfeuchte von über 43 Prozent.
Gesunde Luftfeuchte senkt krankheitsbedingten Ausfall
Auf der anderen Seite wirken sich hohe relative Luftfeuchten oberhalb von 70 bzw. 80 Prozent begünstigend auf die Vermehrung von Hausstaubmilben und das Wachstum von Schimmelpilzen in Innenräumen aus. Diese können zu Atemwegserkrankungen wie Asthma führen.
Anhand der Querauswertung von Interventionsstudien, die den Einfluss von nachträglich in Innenräumen installierten Befeuchtungssystemen untersucht haben, hat sich gezeigt, dass die jährliche Abwesenheit durch Krankheit bei Erwachsenen um etwa einen Tag reduziert werden konnte.
Insgesamt lässt sich daher eine Empfehlung für eine relative Luftfeuchte in Innenräumen von 40 bis 60 Prozent auch auf Basis aktueller Forschungserkenntnisse als einen guten Kompromiss bewerten. Dieses ist ein zentrales Ergebnis unserer Literaturstudie „Einfluss der Luftfeuchte auf den Menschen und seine Gesundheit“.
Dr.-Ing. Kai Rewitz, Oberingenieur/Teamleiter Nutzerverhalten & Komfort,
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dirk Müller, Leiter Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatechnik, |
Mehr Informationen rund um das Thema Verbesserung der Innenraumluft – etwa durch Messung, Lüftung, Reinigung, Befeuchtung und Begrünung – liefert die Initiative PrimaBüroKlima.