Die Mischung macht’s. Welche Möglichkeiten ein Generationen-Mix für Firmen wie die Mader GmbH & Co KG bietet, darüber hat die Wirtschaftspsychologin Dr. Alexandra Hildebrandt mit Ulrike Böhm vom schwäbischen Druckluft- und Pneumatikspezialisten gesprochen.
Dr. Alexandra Hildebrandt: Frau Böhm, wie viel hat die theoretische Beschreibung der Generation Y in den Medien mit der Wirklichkeit in Ihrem Unternehmen zu tun?
Ulrike Böhm: Generationenmodelle sind ein Versuch, die Gemeinsamkeiten, das Lebensgefühl und Einstellungen verschiedener Geburtsjahrgänge auf einen Nenner zu bringen und zu verallgemeinern. Tatsächlich würde ich mit dem Blick auf die Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen, aber eben auch auf mich selbst, einen Großteil der Hypothesen zur Generation Y bestätigt sehen – allerdings mit individuell unterschiedlichen Schwerpunkten. So sehe ich sehr engagierte Kolleginnen und Kollegen, insbesondere wenn sie Raum zur „Entfaltung“ und Gestaltung bekommen und etwas tun dürfen, in dem sie einen Sinn sehen. Gleichzeitig ist ihnen wichtig, dass die Balance zwischen Beruf und anderen Interessen, wie Familie und „Me-Time“ stimmt. Sie sind selbstbewusst und anspruchsvoll, was die Arbeitsbedingungen, die Flexibilität und den Gestaltungsspielraum angeht. Das birgt natürlich auch Konfliktpotenzial mit den Vertretern vorheriger Generationen.
Inwieweit stellt sich Mader auf die Anforderungen der Generation Y und der nachfolgenden Generation Z ein?
Mader ist durch eine offene Unternehmenskultur geprägt, in der auch immer unterschiedliche Positionen diskutiert werden, um eine gemeinsame Lösung zu finden oder auch um festzustellen: Wir sind schlicht unterschiedlicher Meinung – nicht mehr und nicht weniger. Damit ist die Grundlage geschaffen, dass sich das Unternehmen mit seinen Mitarbeitenden – unabhängig davon, welcher Generation sie angehören – stetig weiterentwickelt. Aktuell gibt es verschiedene Initiativen dazu, die bewusst nicht von Führungskräften gesteuert werden und sich aus einer Mitarbeiterbefragung ergeben haben. Es gibt beispielsweise ein Projekt, um unser Arbeitszeitmodell zu überarbeiten und verstärkt an die Anforderungen der Mitarbeitenden anzupassen. Gleichzeitig muss das Modell aber auch die unternehmerischen Anforderungen berücksichtigen – ein Balanceakt!
Wir setzen bereits seit längerer Zeit auf interdisziplinäre, hierarchieübergreifende Projektteams. Die Planung der neuen Büroräume hat ein solches Team aktiv begleitet und an Entscheidungen mitgewirkt. So haben wir eine große Akzeptanz für die neuen Räume erreicht. Wir setzen gezielt immer wieder Impulse, um ein agiles Mindset im Unternehmen zu implementieren und die Eigenverantwortung des Einzelnen zu stärken. Gleichzeitig experimentieren wir mit agilen Tools und verschiedenen Meeting-Formaten wie Design Thinking, Daily Stand-ups und Workshops.
Wir glauben, dass die offene, dialogorientierte Arbeitsweise den Vertretern der Generation Y und Z entgegenkommt und den notwendigen Freiraum für neue Ideen schafft. Den Dialog und die Transparenz innerhalb des Unternehmens wollen wir in Zukunft auch mithilfe digitaler Tools stärken. Hier sehen wir noch viel Potenzial. Ein erster Schritt in diese Richtung war der unternehmensinterne Mader-Blog, in dem jede und jeder im Unternehmen etwas posten, liken und kommentieren kann.
Was kann Mader diesen Generationen im Gegensatz zu anderen Unternehmen bieten? Welche Rolle spielt dabei das Thema Nachhaltigkeit im Allgemeinen und Energieeffizienz im Besonderen?
Mader bietet Entwicklungsraum im familiären Rahmen. Familiär deswegen, weil hier jeder jeden kennt und das Unternehmen von den Eigentümern geführt und geprägt ist. Dennoch steht das Unternehmen, seit ich 2006 hier angefangen habe, nicht still. Es ist unglaublich dynamisch, und wer will, kann sich hier persönlich und fachlich weiterentwickeln – Offenheit für verschiedene Wege dahin vorausgesetzt. Der typische Karrierist, der seinen Weg bereits im Kopf vorgezeichnet hat, hätte es hier dagegen eher schwer. Wer aber Verantwortung übernehmen möchte, gerne mitgestaltet, offen ist und Ideen auch realisieren möchte, der hat hier alle Chancen.
Was das Unternehmen auszeichnet, ist, dass Entscheidungen nicht dem Druck von Anteilseignern unterliegen und kurzfristigen Gewinn erzielen sollen. Vielmehr wird das „große Ganze“ gesehen und unternehmerisch, wie sozial und ökologisch sinnvolle Wege gewählt. Mader sieht großes Entwicklungspotenzial im Thema energieeffiziente Druckluft und wird hier in den nächsten Jahren weiter daran arbeiten, neue Dienstleistungen, Technologien und Produkte zu entwickeln – nicht nur, weil es ökonomisch absolut sinnvoll ist, sondern weil es im Sinne von uns allen ist, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um Energie sinnvoll einzusetzen und CO2 einzusparen.
Sie haben in der 2. Auflage des Buches „CSR und Energiewirtschaft“ fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebeten, aus eigener Erfahrung zu berichten und über ihre Motive, im Mittelstand zu arbeiten. Nach welchen Kriterien haben Sie Ihre Interviewpartner ausgewählt?
Tatsächlich war das recht subjektiv. Ich habe mir überlegt, wessen Weg mir bei Mader besonders imponiert hat und welche Mitarbeitenden aus meiner Sicht besonders exemplarisch für die „Weiterentwicklungskultur“ bei Mader stehen.
Wie kann es gelingen, die Bedürfnisse der Babyboomer und der Generationen Y und Z in Einklang zu bringen und den Erfahrungsreichtum dieser Gruppen als Chance für das Unternehmen zu begreifen?
Ich glaube, es erfordert von uns allen Offenheit, Reflexionsvermögen und ein echtes Interesse an dem/der Anderen. Wenn wir den Dialog als Mittel zur Verständigung, zum Abgleich von Erwartungen, Bedürfnissen und Einstellungen sehen, werden wir einen gemeinsamen „Nenner“ finden und im besten Fall voneinander lernen. Diese Eigenschaften sind keine Frage einer bestimmten Generation, sondern der persönlichen Einstellung und Haltung.
Weshalb benötigt Ihr Unternehmen einen Generationen-Mix, und wie wird dies bei Ihnen gelebt?
Eintönigkeit ist fad – das gilt für Essen ebenso wie für Musik oder eben auch das Zusammenspiel von Menschen. Diversität bedeutet immer wieder neue Impulse, ich werde herausgefordert und aus meiner Komfortzone gelockt. Das ist anstrengender als nur mit Gleichdenkenden etwas auszuhandeln, aber auch sehr viel spannender und das Ergebnis oft überraschend kreativ. Der Mix ist entscheidend zwischen Erfahrung und dem „unverbrauchten“ Denken. Bei uns ergibt sich das „automatisch“ – wir haben Vertreter aller Generationen im Unternehmen und der Dialog miteinander ist einfach „alltäglich“ und normal.
Weiterführende Informationen:
- CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. SpringerGabler Verlag 2020.
Dr. Alexandra Hildebrandt,
Publizistin, Wirtschaftspsychologin und Nachhaltigkeitsexpertin. Twitter: @AHildebrandt70 Foto: Nicole Simon |