Die Schreibtrainerin Astrid Rust verrät an dieser Stelle Kniffe zu Rechtschreibung und Korrespondenz. Der dreizehnte Teil der Serie beschäftigt sich mit dem zweiten Teil der AKTIV-Formel.
Sie erinnern sich noch an unseren letzten Beitrag und formulieren Ihre Sätze A wie aktiv und K wie kurz – klar – knapp? Jetzt belegen wir unser Sandwich weiter.
T wie treffend – präzise – prägnant
Was glauben Sie mir eher – wenn ich sage „Ich kümmere ich mich darum!“ oder „Ich werde mich darum kümmern.“?
Die deutsche Sprache hat den Vorteil, dass sie für Ereignisse in der Zukunft keine eigene Form braucht, sondern auch hier mit der Gegenwart arbeiten kann: „Am Wochenende arbeite ich.“ Nutzen Sie diese Freiheit!
Die Zukunftsform wirkt immer etwas schwammig mit einem imaginären „irgendwann, wenn ich mal Zeit habe.“ Die Gegenwartsform macht Ihre Aussagen wirklichkeitsnäher und glaubhafter und auch Sie selbst wirken bestimmter und überzeugender.
- Ich kümmere mich (noch in dieser Woche) darum.
Wenn Sie den genauen Zeitpunkt nicht wissen, vermeiden Sie am besten auch hier schwammige Aussagen in der Zukunftsform:
- Wenn wir die Kopien haben, werden wir Ihnen die Unterlagen zuschicken.
Diese Aussage klingt nach irgendwann oder nie – machen Sie sich glaubwürdiger mit dem Wörtchen sobald:
- Sobald wir die Kopien haben, schicken wir Ihnen die Unterlagen zu.
Tipp: Schreiben Sie in der Gegenwart – so zeigen Sie, dass man sich auf Sie verlassen kann.
Früher war der Konjunktiv mit „Wären Sie so freundlich …“ oder „Wäre es möglich …“ ein Zeichen für besondere Höflichkeit. Heute gilt das nicht mehr. Der Empfänger empfindet den Konjunktiv oft als umständlich, unbestimmt und unsicher:
- Wir würden uns freuen, wenn Sie bei uns bestellen würden.
Dieser Stil wirkt heute unterwürfig und unsicher. Verzichten Sie darauf! Nutzen Sie die direkte Form und treffen Sie genau auf den Punkt:
- Wir freuen uns auf Ihre Bestellung.
Auch „möchten“ gehört in diese Reihe:
- Wir möchten Ihnen heute gerne Ihr persönliches Exemplar zuschicken.
Möchten Sie es nicht – tun Sie es einfach!
- Wir schicken Ihnen heute Ihr persönliches Exemplar zu.
Tipp: Benutzen Sie eine „würde“-lose Sprache!
I wie individuell und persönlich:
In jeder Mail und in jedem Brief treten Sie in Kontakt mit einem Gegenüber. Dieses Gegenüber ist eine Person: individuell, einzigartig, unverwechselbar. Diese Individualität sollten Sie in jedem Satz betonen. Sprechen Sie Ihre Empfänger immer persönlich an.
Wenn Sie ein Ehepaar anschreiben, schreiben Sie nicht:
- Sehr geehrtes Ehepaar Ludwig, …
sondern:
- Sehr geehrte Frau Ludwig, sehr geehrter Herr Ludwig, …
Schreiben Sie nicht von „man“, sondern besser von „wir“ oder „Sie“. Schreiben Sie nicht über „o. g. Fall“, schreiben Sie über „Ihren Fall“. Lassen Sie nicht „den o. a. Vertrag“ unterschreiben, sondern „unseren Vertrag“.
Tipp: Bleiben Sie persönlich und individuell und zeigen Sie immer: Auf der anderen Seite sitzt ein Mensch – und er bekommt Post von einem anderen Menschen!
V wie vital und lebendig
Im Deutschen haben wir die Angewohnheit, Wörter „aufzuplustern“: aus „buchen“ wird „eine Buchung vornehmen“. Diese sogenannten „Streckverben“ – weil sie in die Länge gestreckt sind – machen einen Text unnötig schwer.
Man erkennt sie oft an der Endung -ung.
in Erfahrung bringen erfahren
in Rechnung stellen berechnen
Entscheidung treffen entscheiden
Bericht erstatten berichten, informieren
ein Telefonat führen telefonieren
Die Verben rechts wirken viel lebendiger und aussagekräftiger als die Ungetüme links: Verwenden Sie daher besser nur Verben, die „Tun“-Wörter. Ihre Texte werden dadurch kürzer und prägnanter und Ihre Leser verstehen sie schneller und besser.
Hier finden Sie einige Tipps, wie Sie diese UNGetüme in einen lebendigen Verbstil „übersetzen“ können:
- Zur Sicherstellung der Einhaltung der Vorschriften hat die Sicherheitsabteilung einen Leitfaden für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen herausgegeben.
Verwenden Sie besser einen Nebensatz mit „um … zu“ oder „damit“:
- Um sicherzustellen, dass die Vorschriften eingehalten werden, hat die Sicherheitsabteilung einen Leitfaden für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen herausgegeben.
Erinnern Sie sich an „Aktiv statt Passiv“? Wer soll die Vorschriften einhalten – die Mitarbeiter:
- Die Sicherheitsabteilung hat einen Leitfaden herausgegeben, damit alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Vorschriften einhalten.
Im nächsten Beispiel müssen Sie wahrscheinlich lange überlegen, bis Sie den Satz verstanden haben:
- Das Ziel ist, die Schmerzattacken mit Steigerung der Dosis unter Kontrolle zu bekommen.
Lösen Sie diese Formulierungen mit einem Nebensatz mit „indem“ auf:
- Das Ziel ist, die Schmerzattacken unter Kontrolle zu bekommen, indem man die Dosis nach und nach steigert.
Schon ist es viel klarer. Aber – wer tut was?
- Unser Ziel ist, die Schmerzattacken unter Kontrolle zu bekommen, indem wir die Dosis nach und nach steigern.
Tipp: In vielen Substantiven mit -ung ist ein Verb „gefangen“. Befreien Sie es!
Beim nächsten Mal geht es an größere Aufräumarbeiten. Wir entrümpeln unsere Korrespondenz und machen Platz für klare Sätze ohne unnötigen Ballast.
Astrid Rust, Trainerin für neue Rechtschreibung und moderne Korrespondenz. |