Nicht nur für viele Berufseinsteiger gilt: Sie scheuen sich, Unbekannte anzusprechen. Deshalb lassen sie viele Chancen, berufliche Kontakte zu knüpfen, ungenutzt verstreichen. Doch Small Talk lässt sich erlernen, zeigt der Rhetoriktrainer Ingo Vogel.
Viele Menschen verkrampfen, wenn sie Unbekannte ansprechen sollen oder möchten. Fieberhaft suchen sie dann nach einem „klugen“ Einstieg. Und finden sie ihn nicht? Dann sagen sie lieber nichts als etwas „Dummes“. Und anschließend ärgern sie sich: Warum habe ich die Chance vertan?
Das Wie ist entscheidend
Davor, „doof“ oder „fad“ zu wirken, brauchen Sie jedoch keine Angst zu haben. Denn für den Small Talk gilt: Was Sie zu Beginn sagen, ist relativ unwichtig. Wichtiger ist, wie Sie es sagen – also Ihre Mimik und Körpersprache. Und der zweite Lichtblick: Jeder kann Small Talk lernen.
Angenommen Sie gesellen sich bei einem Kongress in der Pause zu einer Gruppe Ihnen unbekannter Personen. Dann sollten Sie zunächst schweigen und beobachten. Wer kennt wen? Wer führt das Wort? Wer steht leicht abseits? Wer nippt schweigend am Glas? Kurz: Sortieren Sie die Anwesenden nach Merkmalen. Diese Merkmale können sein: Schlips- und Nicht-Schlips-Träger, Sekt- und Safttrinker, „Greenhorns“ und „Alte Hasen“, Firmen- und Verbandsvertreter.
Gesprächsaufhänger suchen
Halten Sie Ausschau nach Merkmalen, die einen möglichen Gesprächsaufhänger bilden. Haben Sie ihn entdeckt, können Sie den ersten Zug machen: „Ich sehe, Sie trinken keinen Sekt. Wo bekomme ich so einen leckeren Orangensaft?“ Oder: „Toll, Sie haben ein Programm. Welchen Vortrag besuchen Sie noch?“ Steigen Sie mit einer offenen Frage in die Unterhaltung ein, die nicht mit einem kurzen Ja oder Nein beantwortet werden kann. Doch Vorsicht mit Warum- und Wieso-Fragen. Sie fordern eine Rechtfertigung – eine schlechte Basis für ein lockeres Gespräch.
Und wenn Sie keinen Einstieg finden? Dann holen Sie den Joker aus dem Ärmel. Die Frage „Wie wurden Sie auf den Kongress aufmerksam?“ ist meist ein Sesam-öffne-dich. Kämmen Sie die Antworten nach Gemeinsamkeiten durch und spitzen das Gespräch darauf zu. Zum Beispiel, indem Sie sagen: „Ach, Sie lasen die Ankündigung in der Zeitung …. Die lese ich auch. Sagen Sie, wie ...?“ Doch Vorsicht! Heucheln Sie kein Interesse. Das spürt Ihr Gegenüber unter anderem anhand Ihrer Mimik und Körpersprache sofort.
Vom Small Talk zum Big Talk
Der Small Talk ist oft das Vorspiel für ein intensiveres Gespräch. Wie gelingt Ihnen der Übergang? Hier gilt es, zwei Situationen zu unterscheiden. Erstens: Sie wollen die Person oder deren Unternehmen näher kennenlernen. Dann sollten Sie Ihre Fragen entsprechend zuspitzen. Zum Beispiel: „Befassen Sie sich beruflich auch mit dem Thema ….?“ Und schon schlittern Sie wie von selbst vom Small in den Big Talk. Zweitens: Sie haben eine konkrete Absicht – zum Beispiel einen Termin für ein Treffen vereinbaren. Dann sollten Sie im Small Talk eine Zäsur machen und nach dem weiteren Vorgehen fragen. Wie? Ganz einfach! Würdigen Sie zunächst das bisherige Gespräch und stellen Sie dann eine weiterführende Frage. Zum Beispiel: „Was Sie erzählen, ist spannend. Sollen wir uns mal verabreden, um ...?“
Doch denken Sie daran: Meister im Small Talk fallen nicht vom Himmel. Üben Sie das Knüpfen von Gesprächen im Alltag – etwa in der Kantine oder im Fahrstuhl. Sie werden sehen: Über ein „Guten Tag“ kommen Sie leicht hinaus. Und wenn Ihnen absolut nichts einfällt? Dann lächeln Sie Ihr Gegenüber einfach an. Auch das öffnet viele Türen.
Ingo Vogel, ist Rhetorik- und Verkaufstrainer. Er ist unter anderem Autor des Buchs „So reden Sie sich an die Spitze. Sprache als Erfolgsinstrument“, Ullstein, 252 S., 9,99 €. |