ANZEIGE
Welche ergonomischen Konzepte zur Steigerung der Bewegung an Büroarbeitsplätzen haben sich bewährt? Eine Analyse von Diplomsportwissenschaftler und Heilpraktiker Christof Otte, Leiter Ergonomie und Gesundheit bei der officeplus GmbH.
Einleitend stellt sich die Frage nach den Zielen, wenn vorhandene Büroarbeitsplätze, unabhängig ob im territorialen, non-territorialen oder im Home-Office angesiedelt, unter ergonomischen Gesichtspunkten gestaltet werden. Im Wesentlichen sind dies zwei Ziele: die Erhaltung oder Besserung der individuellen Gesundheit auf der personellen Ebene und die Steigerung der Produktivität auf der unternehmerischen Ebene.
Einflussgröße des persönlichen und unternehmerischen Vorteils
Die Einflussgröße, um einen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen, ist die Häufigkeit des Haltungswechsels zwischen Sitzen und Stehen (Garrett et al. 2016; Krüger 2005). Diese Häufigkeit des vertikalen Haltungswechsels sollte einfach und schnell möglich sein, denn nur so erlangen wir die nötige Akzeptanz für eine nachhaltige Verhaltensänderung (Krüger 2005). Je mehr dieser vertikale Haltungswechsel gelebt wird, desto mehr körperliche und geistige Bewegung während der Arbeitszeit.
Gesundheitlicher Nutzen
Dies hat zunächst einen gesundheitlichen Nutzen, der sich hypothetisch in allen Organsystemen zeigen kann und präventiv gegen fast alle „klassischen Volkskrankheiten“ wirkt, wie erst die jüngst publizierte „Global Burden of Disease Study 2015“ (Murray et al. 2016) zeigt. Dazu gehören:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen, vor allem Coronare Herzkrankheit
- Gefäßerkrankungen, vor allem Schlaganfälle
- Atemwegserkrankungen
- Stoffwechselerkrankungen, vor allem Diabetes Typ II und Adipositas
- Krebserkrankungen, vor allem Darmkrebs
- Orthopädische Erkrankungen, vor allem Lenden- und Nackenschmerzen
- Psychische Erkrankungen, vor allem Depressionen
Wirtschaftlicher Nutzen
Neben dem gesundheitlichen Nutzen stellt sich jedoch, wie in der Abbildung 1 anhand der Produktivität bereits zu sehen ist, mittel- und unmittelbar auch ein wirtschaftlicher Nutzen ein. Diesen wirtschaftlichen Nutzen können wir neben den aktuellen Produktivitätszahlen aus dem vergangenen Jahr (Garrett et al. 2016) auch konkret an einem Return-on-Investment festmachen, was Krüger (2005) in einer Fünfjahres-Langzeitstudie dargestellt hat. Als Ergebnis dieser Studie zeigte sich eine Nutzen-Kosten-Verhältnis (Benefit-Cost-Ratio) von 12,09. Mit anderen Worten: Für jeden investierten Euro beim officeplus-Stehpulteinsatz ergibt sich ein Return-on-Investment von etwa zwölf Euro. Dieses Verhältnis übersteigt die häufig im Rahmen von Evaluationsstudien ermittelten Verhältnisse zwischen 3 und 8 (Krüger 2005).
Konzepte einer Büroarbeitsplatzoptimierung
Nun wissen wir, dass uns diese Bewegung hilft. Uns persönlich und unserem Unternehmen. Welche Konzepte für die Büroarbeitsplatzoptimierung bieten sich nun für einen nachhaltigen Erfolg an? Grundsätzlich differenzieren wir von officeplus zwischen zwei Konzepten:
- dem sogenannten vertikalen Flächenkonzept
- dem sogenannten vertikalen Zonenkonzept
Beide Konzepte beschreiben zunächst den Haltungswechsel in der Vertikalen, also den Wechsel vom Sitzen zum Stehen und vom Stehen zum Sitzen, unabhängig der Sitzhöhe. Essenziell dabei ist der Haltungswechsel selber, da dieser den dynamischsten Teil der Körperbewegungen am Büroarbeitsplatz mit der größten Organbeteiligung ausmacht. Freies Sitzen und mehr noch Stehen sind durch die physiologischen posturalen Schwankungsmuster auch Bewegung, bedürfen jedoch nicht einem so großen motorischen Anspruch wie der Haltungswechsel selber.
Das vertikale Flächenkonzept (Abbildung 3 Mitte und Abbildung 6 Mitte) beschreibt den Haltungswechsel vom Sitzen zum Stehen mit der gesamten Arbeitsfläche, was durch höhenverstellbare Tische erreicht wird. Dieses Konzept hat die größere Verbreitung unter den Haltungswechselkonzepten, zeigt jedoch Schwächen in der praktischen Umsetzung, insbesondere beim Haltungswechsel aus dem tiefen Sitz. Hier scheint die Umsetzung für die Entwicklung eines Bewegungsautomatismus zu groß, was uns die geringen vertikalen Bewegungsfrequenzen in der Praxiserfahrung zeigen. Auch der Einsatz eines Balanceboards oder eine Balancematte für ein zusätzlich bewegtes Stehen ist hier erschwert, da diese nach der Einnahme des Standes zunächst herangezogen werden müssen. Von einem Einsatz eines Gehbandes ganz zu schweigen …
Vorzüge des vertikalen Zonenkonzepts
Das vertikale Zonenkonzept (Abbildung 3 rechts und Abbildung 6 rechts) beschreibt den Haltungswechsel vom Sitzen zum Stehen ohne Arbeitsflächenhub. Dies wird durch verschieden hohe Arbeitszonen, deren Zuständigkeiten genau definiert sein sollte (sogenannte Arbeitsdiversifikation, zum Beispiel im Stehen die gesamte Kommunikation nach außen, wie telefonieren, Mailing und die Terminverwaltung) erreicht, hier am Beispiel des officeplus-Desk als Aufsatz auf den tiefen Schreibtisch. Das vertikale Zonenkonzept zeigt eine nachhaltige Etablierung eines häufigen Haltungswechsels (Nakovics & Steiner 1997).
Ein weiterer mitentscheidender Vorteil des vertikalen Zonenkonzeptes mit einem Tischstehpult ist die effektive Umsetzung des bewegten Stehens (vgl. Otte 2016). Neben speziellen Fußstützen für Steharbeitsplätze (Abbildung 5), die problemlos in alle vertikalen Bewegungskonzepte integriert werden können (siehe Abbildung 6), bietet sich insbesondere die Verwendung von Balancierboards an, da diese dauerhaft vor dem Tischstehpult positioniert bleiben. Diese müssen also nicht wie bei dem vertikalen Flächenkonzept weggeschoben respektive herangezogen werden. Diese Hilfen für bewegtes Stehen können einen entscheidenden gesundheitsförderlichen Beitrag durch eine dynamische Verlängerung der Stehzeiten leisten und damit eine Reduktion der Sitzzeiten. Ohne ergonomische Hilfsmittel wie Fußstützen, Balancierboards oder auch Armauflagen entsteht schnell ein, als belastend empfundenes, statisches Stehen.
In beiden Konzepten der Büroarbeitsplatzoptimierung lassen sich wunderbar mobile Stehpulte integrieren (siehe Abbildung 3 links und Abbildung 6 links). Diese bieten neben der vertikalen Mobilität die Möglichkeit der ortsunabhängigen Mobilität als Ergänzung zum Schreibtisch. Entweder man nutzt diese als zusätzliche Arbeitszone neben einem Schreibtisch, oder man nutzt das vertikale Flächenkonzept auch mobil mit einem stromlosen officeplus-Minitisch. Dadurch wird eine ortsverändernde Mobilität innerhalb des (Home-)Office möglich.
Zusammenfassung
Die Häufigkeit des Haltungswechsels scheint die entscheidende Einflussgröße zur Gesundheitsprävention und Produktivitätssteigerung. Um einen häufigen vertikalen Haltungswechsel zwischen Sitzen und Stehen nachhaltig zu etablieren, bieten sich zwei Konzepte an. Neben dem bereits mittels höhenverstellbaren Tischen relativ weit verbreiteten vertikalen Flächenkonzept scheint das vertikale Zonenkonzept mit Tischstehpulten im Vorteil zu sein. Neben einem mehr an Bewegung führt es auch zu einem mehr an Produktivität. Beide arbeitsintegrierten Bewegungskonzepte können wunderbar durch multifunktionale, mobile Stehpulte oder mobile Minitische für einen steten Ortswechsel ergänzt werden.
Literatur
Garrett, G. et al. (2016): „Call Center Productivity Over 6 Months Following a Standing Desk Intervention“, in: IIE Transactions on Occupational Ergonomics and Human Factors 4 (2-3), S. 188 ff.
Krüger, D. (2005): „Evaluation des Einsatzes von officeplus Stehpulten bei der Drägerwerk AG (1997–2003)“, hg. v. Officeplus GmbH
Murray, C. J. L. et al. (2016): „Global, regional, and national life expectancy, all-cause mortality, and cause-specific mortality for 249 causes of death, 1980–2015: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2015“, in: Lancet 388, S. 1.459 ff.
Nakovics, H./Steiner, H. (1997): „Die Reduktion körperlicher Beschwerden durch den Einsatz eines Stehpultes“, in: Zeitschrift für Arbeitswissenschaft 1, S. 33 ff.
Otte, C. (2016): „Mehr Bewegung durch dynamisches Stehen“, in: AGR aktuell 22 (2), S. 26 f.
Christof Otte ist Diplomsportwissenschaftler und Heilpraktiker und Leiter Ergonomie und Gesundheit bei der officeplus GmbH. |