Die New-Work- und New-Office-Expertin Martina Rahmfeld unterstützt Unternehmen im Wandel der Arbeitswelt. In ihrer OFFICE-ROXX-Kolumne zeigt sie Vorteile der „New Ways of Working“ auf. Im vierten Teil erklärt sie, wie das aktive Einbeziehen der Mitarbeitenden Veränderungen erleichtert.
Wir hören es immer wieder: Die Welt verändert sich ständig. Von Wandel, Transformation und Digitalisierung, von VUCA und BANI ist die Rede. Wussten Sie, dass sich laut MIT (Massachusetts Institute of Technology) das gesamte Wissen der Menschheit alle 70 Tage verdoppelt? Und damit entwickeln sich natürlich auch Technologien, Arbeitsmittel und -methoden weiter. Doch dabei ergibt sich ein Problem.
Gewohnheiten als Autopilot des Handelns
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das klingt vielleicht nach einer abgedroschenen Phrase, aber sie steckt voller Wahrheit. Denn über 40 Prozent unserer täglichen Handlungen sind schlichtweg Gewohnheiten. Das bedeutet, dass wir viele Dinge automatisch tun, ohne groß darüber nachzudenken. Diese Gewohnheiten sind wie ein Autopilot in unserem Leben, der wesentlich schnellere Reaktionen ermöglicht als das bewusste Nachdenken.
Verschränken Sie kurz Ihre Arme vor der Brust. – Wahrscheinlich haben Sie nicht bewusst entschieden, welcher Arm oben ist. Probieren Sie es andersherum. – Es fühlt sich seltsam an, oder?
Veränderungen sind schwer, da wir gegen unsere Gewohnheiten handeln müssen. Und trotzdem müssen wir uns verändern, anpassen und weiterentwickeln. Gerade in der Arbeitswelt, in der Agilität und Flexibilität gefragt sind, ist es entscheidend, wie wir als Gewohnheitstiere diese Veränderungen meistern.
Der Wandel und das Neue müssen Sinn machen
Der Schlüssel zum Wandel ist das Verstehen. Wir Menschen haben das Grundbedürfnis, etwas Sinnvolles zu tun. „Menschen lernen besser, wenn etwas für sie Sinn ergibt“, darauf wies schon der Hirnforscher Gerald Hüther hin. Warum sollten wir unsere Gewohnheiten ändern? Was haben wir davon? Diese Fragen müssen beantwortet werden, denn sie schaffen das Verständnis und die Notwendigkeit für die Veränderung.
Veränderungen fallen leichter, wenn sie in einer Umgebung stattfinden, die uns zu neuem Handeln anregt.“
Martina Rahmfeld
In der Arbeitswelt stoßen Veränderungen wie das Einführen von Desk-Sharing-Modellen oft auf Widerstand. Die Angst vor dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes ist verständlich. „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ oder doch: „You can’t overcommunicate“? Schaut man sich so manchen Umzug in neue Bürowelten an, hat man das Gefühl, das ein oder andere Unternehmen folgt dem ersten Grundsatz. Dabei ist Kommunikation gerade heute so wichtig. Ihre Mitarbeitenden müssen in den Veränderungsprozess eingebunden sein, sollten das Projekt zum eigenen Projekt machen. Wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Meinung zählt, sind sie eher bereit, sich auf Veränderungen einzulassen oder sie sogar mitzugestalten. Denn dann bekommt das Projekt für sie einen Sinn. Hintergründe und Möglichkeiten zu verstehen, macht aus Bewahrern sicher noch keine Innovations-Enthusiasten, aber sie öffnen sich, statt sich zu sperren.
Die Suche nach Sinn und Verständnis
Ich erlebe es immer wieder in Workshops und Gesprächen, dass vieles, über das wir sprechen, nicht gänzlich neu für die Beteiligten ist, aber in dem Kontext dann doch zu Aha-Momenten führt. Projekte, bei denen Unternehmen ihre Mitarbeitenden aktiv in den Veränderungsprozess einbezogen und den klaren Sinn und Nutzen jeder Veränderung vermittelt haben, verliefen grundlegend anders.
Doch zurück zu den Gewohnheiten: Nicht nur unser Arbeitsort verändert sich. Auch unsere Gewohnheiten bezogen auf die Art, wie wir den Raum nutzen, sollten sich ändern. Denn das ist das Potential, welches in neuen Räumen steckt, das ist der Return on Investment. Diesen sollten wir nutzen!
Was heißt das also? Der Mensch ist zwar ein Gewohnheitstier, aber er ist auch ein Wesen, das Sinn und Verständnis sucht. Wenn wir den Nutzen von Veränderungen begreifen, sind wir bereit, unsere Gewohnheiten zu überdenken. Und das fällt uns allen, egal ob wir eher bewahrend oder veränderungsbedürftig sind, einfacher in neuen Umgebungen – welch glückliche Fügung.