In den Wintermonaten sinkt die Luftfeuchtigkeit in vielen Büros oft so weit ab, dass Mitarbeitende über trockene Augen und Stimmprobleme klagen. Die Anfälligkeit für Atemwegsinfektionen steigt. Claus Händel und Sabine Riethmüller vom Fachverband Gebäude-Klima e. V. (FGK) erläutern Möglichkeiten, dem vorzubeugen.
Die Aufmerksamkeit für die Raumluftqualität und auch für die thermische Behaglichkeit ist im Lauf der Coronapandemie erheblich gestiegen. Grund war die Erkenntnis, dass in schlecht gelüfteten Innenräumen, in denen sich mehrere Personen gemeinsam aufhalten, das Risiko der Virenübertragung besonders hoch ist und dass effizientes Lüften dazu beiträgt, dieses Risiko zu verringern. Effektives Lüften war aber schon vor der Pandemie Voraussetzung für eine hohe Raumluftqualität und wird es immer sein.
Frischluftzufuhr enorm wichtig für Raumluftklima
Wird zu wenig gelüftet, steigt in Räumen, in denen sich Menschen aufhalten, der CO2-Gehalt in der Luft. Ist er zu hoch, sinkt die Konzentrationsfähigkeit und das große Gähnen beginnt. Auch Schadstoffe wie flüchtige organische Verbindungen, sogenannte VOCs (Volatile Organic Compounds), die aus Möbeln oder Teppichen ausdünsten, können sich in der Raumluft anreichern.
Lüften ist also notwendig, um mit CO2, Schadstoffen und Keimen belastete Raumluft abzuführen und durch Außenluft zu ersetzen. Dabei sinkt jedoch bei niedrigen Außentemperaturen die Raumluftfeuchtigkeit, selbst wenn es draußen regnet oder neblig ist. Das liegt daran, dass kalte Luft weniger Feuchtigkeit aufnehmen kann als warme. Kommt sie in den Raum und erwärmt sich dort, sinkt die relative Luftfeuchtigkeit. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Außenluft durch geöffnete Fenster oder mithilfe einer Lüftungsanlage in den Raum gelangt. In Büros hat dieser Effekt jedoch zur Folge, dass die relative Luftfeuchtigkeit in der kalten Jahreszeit oft weit unter der empfohlenen Mindestfeuchte von 40 Prozent liegt, teilweise fällt sie auf Werte unter 20 Prozent.
Gesundheitliche Probleme durch zu geringe Luftfeuchte
Im Gegensatz zur Temperatur oder Luftbewegung (Zugluft) können wir die Luftfeuchtigkeit nicht direkt wahrnehmen. Indirekt macht sich eine zu niedrige Luftfeuchte beispielsweise durch trockene Haut und Augen oder Probleme mit der Stimme bemerkbar. Liegt sie längere Zeit unter 40 Prozent, können die Schleimhäute in Mund, Nase, Rachen und Augen austrocknen. Dadurch sinkt deren Leistungsfähigkeit zur Abwehr von Viren und Bakterien, sodass das Infektionsrisiko etwa für Grippeerkrankungen steigt. Zudem scheint eine zu niedrige Luftfeuchte Influenzaviren direkt zu begünstigen. Sie zeigen dann nämlich höhere Überlebens- und Ansteckungsraten. Bei Menschen mit bereits vorhandenen Atemwegserkrankungen wie Asthma kann eine zu geringe Raumluftfeuchte dazu führen, dass sich die Symptome verstärken. Aus gesundheitlicher Sicht empfehlen Experten deshalb eine Raumluftfeuchte von mindestens 40 Prozent.
Allerdings ist das Motto „viel hilft viel“ hier fehl am Platz. Eine zu hohe Luftfeuchtigkeit hat nämlich ebenfalls Nachteile, sie kann beispielsweise Feuchteschäden an der Bausubstanz zur Folge haben. Außerdem ist die Luftbefeuchtung mit einem gewissen Energieeinsatz verbunden, der bei einer Befeuchtung auf Werte über 45 Prozent unangemessen hoch wäre. Die obere Grenzfeuchte von 60 Prozent wird in Büros und ähnlichen Nutzungen mit geringen Feuchtelasten ohnehin im Winter nicht erreicht und ist in diesem Zusammenhang als sommerlicher Grenzwert bei schwülwarmen Bedingungen zu sehen. Aus gesundheitlicher Sicht würde diese Steigerung auch keinen zusätzlichen Vorteil mit sich bringen.
Sicherstellen einer Mindestfeuchte von 40 Prozent
Tipps für das Erhöhen der Raumluftfeuchte empfehlen oft Zimmerpflanzen. Der Effekt ist jedoch bei einer Büronutzung viel zu gering, ebenso wie beim Aufstellen von Verdunsterschalen, vor dem der Fachverband Gebäude-Klima e.V. aus hygienischen Gründen ausdrücklich abrät.
Um eine ausreichende Raumluftfeuchte sicherzustellen, bietet der Markt technische Lösungen, die zuverlässig und hygienisch arbeiten. Sie lassen sich nach zwei Grundprinzipien unterteilen: Von indirekter Befeuchtung spricht man, wenn die Luft in einer Raumlufttechnischen Anlage (Lüftungs- oder Klimaanlage) befeuchtet wird und über Kanäle und Auslassöffnungen in die Räume gelangt. Solche Anlagen werden über einen Anschluss an das Trinkwassernetz mit Wasser versorgt. Je nach System ist in der Zuleitung eine Wasseraufbereitung integriert, um das Verdunstungswasser so aufzubereiten, dass keine Ablagerungen in der Anlage entstehen.
Wenn im Bürogebäude keine Lüftungsanlage installiert ist, muss trotzdem nicht auf die Luftbefeuchtung verzichtet werden. Der Markt bietet dafür die Direkt-Raumluftbefeuchtung, eigenständige Geräte, die in den zu befeuchtenden Räumen installiert und betrieben werden. Weil sie nicht immer einen direkten Wasseranschluss haben, muss ihr Wassertank von Zeit zu Zeit aufgefüllt werden.
Für die Befeuchtung von kleineren Büros oder Wohnräumen eignen sich insbesondere Dampfbefeuchter, Verdunster und Ultraschallbefeuchter. Die heute erhältlichen Produkte lassen sich komfortabel regeln, sodass eine zu niedrige oder zu hohe Raumluftfeuchte vermieden wird. Wichtig ist die regelmäßige Wartung und Reinigung, nicht zuletzt aus Gründen der Hygiene.
Adiabate und isotherme Systeme
Aus physikalischer Sicht wird grundsätzlich zwischen isothermer und adiabater Befeuchtung unterschieden. Isotherme Systeme erhitzen Wasser, bis es verdampft. Solche Dampfluftbefeuchter erfüllen sehr hohe hygienische Anforderungen. Der Wasserdampf, den sie erzeugen, wird in die Lüftungsanlage oder direkt in den Raum eingebracht. Dabei ändert sich die Raumtemperatur kaum, der Prozess läuft also isotherm ab. Zum Erhitzen des Wassers werden Dampfluftbefeuchter überwiegend mit Strom betrieben, größere Anlagen auch mit Gas.
Systeme auf Basis der adiabaten Befeuchtung versprühen in den meisten Fällen Wasser ungefähr bei Raumtemperatur oder sie benetzen Oberflächen. Das Wasser nimmt Wärme aus dem Raum oder der Zuluft auf und verdunstet. Dabei kühlt sich die Luft ab, sodass in der Heizperiode nachgeheizt werden muss – entweder über Lufterhitzer oder über die Heizkörper. Die erforderliche Energiezufuhr ist genauso hoch wie bei der Dampfbefeuchtung. Eine Wärmerückgewinnung kann einen Teil dieser Energie besonders energieeffizient bereitstellen, weil sie die Abwärme nutzt. Bei allen Systemen kann zusätzlich aber auch eine Feuchterückgewinnung einen Großteil der Feuchte zurückgewinnen. Die zusätzliche Befeuchtungsenergie fällt dann nicht mehr besonders ins Gewicht.
Das FGK-Fazit
Raumlufttechnische Anlagen bringen kontinuierlich gefilterte Außenluft in die Büroräume, führen gleichzeitig belastete Raumluft ab und sorgen so für eine gleichbleibend gute Luftqualität im Gebäudeinneren. Zudem reduziert eine Wärmerückgewinnung die Heizkosten, indem sie in der kalten Jahreszeit Wärme aus der Abluft auf die Zuluft überträgt und steigert den Komfort, weil die Zuluft vorerwärmt in die Räume gelangt. Allerdings sinkt in der kalten Jahreszeit durch das Lüften die Raumluftfeuchtigkeit. Um die für die Gesundheit förderliche Raumluftfeuchte von mindestens 40 Prozent zu erreichen, sollten deshalb Luftbefeuchtungssysteme eingesetzt werden.
Claus Händel, Geschäftsführer Technik,
Sabine Riethmüller, Referentin, |