Alle zwei Jahre trifft sich die Beleuchtungsbranche auf der Light + Building in Frankfurt am Main. Diesmal hat sich alles um Human Centric Lighting, Daten und Vernetzung gedreht, stellte Dr. Sebastian Klöß bei seinem Messebesuch fest. Eine Zukunftshoffnung von 2014 vermisste er hingegen.
Die Jalousien der Messehallen sind während der Light + Building geschlossen. Doch auch ganz ohne Tageslicht konnte der Besucher pro Tag gleich mehrere Sonnenauf- und Untergänge erleben. Im Zeitraffer führten diverse Hersteller, etwa Glamox Luxo und Regent, vor, wie ihre Produkte den natürlichen Tagesverlauf im Büro simulieren. Auf dass die innere Uhr des im Gebäude gefangenen Büroarbeiters nicht aus dem Takt komme, sondern durch kaltweißes Licht aktiviert und durch warmweißes Licht am Abend beruhigt werde.
Bringt’s was?
Ob diese Tageslichtsimulation als Teil des Trends Human Centric Lighting – also der biologisch und emotional wirksamen Beleuchtung, deren Siegeszug in Krankenhäusern und Altersheimen begann – auch im Büro etwas bringt, darüber scheiden sich die Geister. Manche Hersteller (auch solche, die sie anbieten) halten sie für überflüssig, da es für die innere menschliche Uhr in den Büros genügend Sonnenlicht gebe. Andere sprechen ihr einen rein wohlbefindensteigernden Effekt zu. Wieder andere meinen, dass sie schon irgendwie wirke, aber nur über den Placeboeffekt. Andere verweisen auf Studien, in denen die Wirksamkeit nachgewiesen worden sei – was wieder andere bezweifeln, da sie die Studien für nicht realitätsnah erachten. Für eine Studie seien beispielsweise die Bewohner eines Altersheims tagsüber unter riesigen Leuchten mit kaltweißem Licht quasi Flutlicht ausgesetzt worden. Kein Wunder, dass sie darunter dann wachgeblieben seien.
Licht als Teil des Ganzen
Human Centric Lighting war die in Frankfurt präsenteste Form der Digitalisierung und Vernetzung, welche die Messe als Motto ausgerufen hatte. Aber nicht die einzige. Früher haben sich Büroleuchten einfach angeschaltet, wenn man sich ihnen näherte, und wieder aus, wenn man den Raum verließ. Heute geben sie die über Präsenzmelder gesammelten Anwesenheitsdaten an die Gebäudesteuerung weiter. Die ruft dann schon mal den Fahrstuhl, wenn sie erkennt, dass viele Personen einen Meetingraum verlassen, oder regelt die Heizung und Lüftung entsprechend. Andersherum kann der zentrale Gebäuderechner die Leuchten je nach Tageslichteinfall regulieren oder im Brandfall mit ihnen Fluchtwege markieren. Nicht zuletzt kann das Facility-Management über die gesammelten Anwesenheitsdaten genau erkennen, wo im Gebäude wie viel Energie für die Beleuchtung benötigt wird und welche Bereiche wie stark genutzt werden. Damit lassen sich dann beispielsweise Reinigungspläne anpassen (und so Kosten sparen).
Daten statt Leuchten?
So faszinierend das ist – ein mulmiges Gefühl beschlich einen schon, als ein großer Monitor am Stand eines Herstellers die Livedaten eines Projektbürogebäudes anzeigte. Farblich wurde genau markiert, wo sich just in diesem Moment wie viele Mitarbeiter aufhielten. Natürlich ließen sich auch Daten aus der Vergangenheit aufrufen. So wurde sichtbar, dass eine Abteilung am Wochenende gearbeitet hatte, eine andere bis spät in den Abend hinein. Informationen, die sicherlich nicht nur die Reinigungsfirma, sondern auch den Chef interessieren dürften. Überhaupt Informationen: Ein Leuchtenproduzent prophezeite sogar, dass Leuchtenhersteller ihre Produkte in einigen Jahren kostenlos zur Verfügung stellen würden. Geld verdienten sie dann über die gesammelten Daten. Beleuchtung à la Google.
Die dunkle Seite
Einen etwas unheimlichen Touch erhielten die Beispiele der umfassenden Vernetzung auch bei der Erinnerung an ein Buch aus der Mitte der 1990er Jahre. In dem Roman „Game Over“ von Philip Kerr spielt ein komplett vernetztes und – wie es heute heißen würde – smartes Bürohochhaus eine zentrale Rolle. Und das beschließt, alle Menschen darin zu töten, wobei ihm hilft, dass es über Sensoren alles erfassen und von der Klimaanlage über die Beleuchtung, die Reinigungssysteme und die Aufzüge alles steuern kann. Die Utopien und teils schon Realität gewordenen Visionen der Light + Building besaßen neben allen unbestreitbaren Vorzügen durchaus ihre dystopischen Seiten.
Formenvielfalt
Ach ja, leuchten können die Leuchten auch noch – das ging vor lauter Vernetzung und Steuerung auf der Messe teils etwas unter. Immer effizienter, mit immer ausgeklügelteren Linsen und Prismen, die das Licht brechen und an den rechten Fleck lenken. Dank LED nimmt außerdem die Formenvielfalt auch bei den Büroleuchten zu. Es muss nicht immer nur rechteckig-kastig sein. Ein Beispiel dafür ist die neue Pendelleuchte Scriptus von Osram und ein noch namenloser Leuchtenprototyp von Zumtobel. Ein Trend scheinen außerdem runde Leuchten zu sein, etwa Koi S von Belux, Solo Slim von Regent, Arva von Ribag, Onplana von Trilux und Ondaria von Zumtobel. Nicht zuletzt werden durch die LED neue Formen möglich – was die filigrane Schreibtischleuchte Lucy von Erco beweist – und neue Anwendungsmöglichkeiten. Nimbus zeigte, dass das Licht mit LED und Akku sogar mobil werden kann.
Wanted!
Kaum zu finden war auf der Messe eine Technik, die vor zwei Jahren in den Startlöchern zu stehen schien: OLED. Zu den Ausnahmen zählten Regiolux mit seiner Capio und Fluvia mit Loop. Vielleicht dauert es noch zwei weitere Jahre, bis die OLED auf breiter Linie leuchtentauglich ist.
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