Nach Freiberuflern, Start-ups und Kreativen haben auch traditionelle Unternehmen das Coworking für sich entdeckt. Sebastian Woschech von der internationalen Wirtschaftskanzlei Eversheds Sutherland beleuchtet die rechtliche Seite dieses Wachstumsmarktes.
Die Zahl der vermieteten Coworking-Arbeitsplätze in Deutschland ist von 23.100 im Jahr 2016 auf circa 35.600 im vergangenen Jahr gestiegen. Vermietete Gesamtfläche: mehr als 700.000 m2. Coworking boomt. Häufig wird jedoch seine rechtliche Seite nicht beachtet. Dabei ist zwischen spezifisch immobilienrechtlichen Fragen und allgemeinen rechtlichen Fragen zu unterscheiden.
Immobilienrechtliche Fragen beim Coworking
Die Dynamik des jungen Marktes und die von den Kunden geforderte Flexibilität müssen sich auch in den Hauptmietverträgen der Coworking-Anbieter mit den Immobilieneigentümern widerspiegeln. Weitreichende bauliche Gestaltungsfreiheit im Inneren der Immobilie ist in der Mietvertragsverhandlung daher genauso wichtig wie das dem Geschäftsmodell immanente Recht, die Fläche Dritten zur Nutzung zu überlassen. Für den Vermieter stellt die üblicherweise durch Coworking-Konzepte bedingte höhere Frequentierung der Immobilie zu Tages- und Nachtzeiten Chance und Risiko zugleich dar. So kann die Belebung das Objekt aufwerten, jedoch sind potenzielle öffentlich-rechtliche Genehmigungsfragen sowie Nutzungskonflikte mit anderen Mietern zu bedenken.
Allgemeine rechtliche Fragen
Um Kunden für sich zu gewinnen, werben die Coworking-Anbieter neben der Flexibilität und immer moderneren Designerbüros auch mit innovativen Produkten und Dienstleistungen. Hierzu gehören individuell hinzubuchbare Pakete und Services wie Start-up-Betreuung, virtuelle Geschäftsadressen, Kopier- und Scanflatrates, Catering-, Kaffee- und Telefonflatrates, Videokonferenzsysteme, Server-Housing, Coliving etc. Diese Leistungen stellen überwiegend Dienstleistungen dar, für die der Coworking-Anbieter im Gegensatz zu seiner mietrechtlichen Pflicht bezüglich der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts keinen Erfolg, sondern lediglich die Bereitstellung der Leistungen schuldet. Gerade bei Schlechtleistung ergeben sich daher interessante Abgrenzungsfragen zwischen miet-, dienst- und werkvertraglichen Regelungen.
Des Weiteren stellt sich aufgrund der dem Coworking immanenten örtlichen Nähe die Frage des Datenschutzes, da eine Verletzung der einschlägigen Bestimmungen oft hohe Bußgelder oder gar Strafen nach sich ziehen kann. Gerade durch die sensible Handhabung von Kundendaten, welche durch die unmittelbare Geltung der Datenschutz-Grundverordnung seit dem 25. Mai zwingend erforderlich geworden ist, sind hier ganz neue Herausforderungen im Rahmen des Coworking zu bewältigen.
Fazit
Die gemeinsame Nutzung einer Immobilie in Form eines Coworking-Konzepts bietet eine innovative Form der Zusammenarbeit und damit vielfältige Chancen für alle Beteiligten. Die großen Synergiepotenziale sind längst erkannt worden, wie sich unschwer in der rasanten Entwicklung des Coworking-Marktes und der überdurchschnittlich starken Nachfrage zeigt. Diesem Trend steht jedoch eine Vielzahl rechtlicher Herausforderungen gegenüber, die es durch vorausschauende vorhabenbezogene Beratung und Vertragsgestaltung aufzugreifen gilt.
Sebastian Woschech, Senior Associate im Bereich Immobilienrecht, Eversheds Sutherland. |