Nachhaltigkeit ist ein zentrales Leitmotiv der modernen Arbeitswelt. Wer heute Büromöbel entwickelt, produziert oder beschafft, muss ökologische, ökonomische und soziale Verantwortung in Einklang bringen. Wie das gelingt, erklärt Volker Weßels vom Industrieverband Büro und Arbeitswelt (IBA).

Der 4.000 m2 große Garten auf dem Vitra Campus beherbergt rund 30.000 Pflanzen, seltene Käfer und mehrere Bienenvölker. Abbildung: Vitra
Nachhaltigkeit bei Büromöbeln beginnt nicht erst beim Recycling, sondern zieht sich durch alle Phasen des Produktlebenszyklus: von der Auswahl geeigneter Materialien über die Fertigung, Nutzung und Instandhaltung bis zur Rücknahme und Wiederverwertung. Entscheidend ist der Blick aufs Ganze und die Bereitschaft, Verantwortung in jeder Stufe der Wertschöpfungskette zu übernehmen.
Nachhaltige Materialwahl
Schon bei der Entwicklung von Büromöbeln ist die Auswahl der Materialien von zentraler Bedeutung. Es gilt, möglichst klimaneutrale Rohstoffe zu verwenden und den CO2-Ausstoß so gering wie möglich zu halten. Die Rohstoffe sollten effizient genutzt werden, sodass Abfälle auf ein Minimum reduziert und nach Möglichkeit vollständig wiederverwertet werden können. Idealerweise fallen die Entscheidungen zugunsten von Materialien, die recycelbar, biologisch abbaubar oder wiederverwertbar sind. Besonders gefragt sind nachwachsende Rohstoffe und recycelte Materialien. Gleichzeitig ist zu beachten, dass die Materialwahl direkten Einfluss auf die Haltbarkeit der Produkte hat. Nachhaltige Möbel sollen nicht nur ökologisch, sondern auch langlebig sein. Ein weiterer Aspekt ist die Herkunft der Materialien. Bei der Auswahl sollte sowohl auf verantwortungsvolle Produktionsbedingungen, etwa Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft, als auch auf möglichst kurze Transportwege geachtet werden. Für Nutzer und Beschäftigte ist es zudem unerlässlich, dass die verwendeten Materialien keine schädlichen Gase oder Stoffe abgeben. Dies gilt auch für Verpackungsmaterialien, um Umwelt und Gesundheit zu schützen.
Schonende Fertigung
Im Mittelpunkt des Fertigungsprozesses steht der schonende Umgang mit Ressourcen. Wasser sollte sparsam verwendet und möglichst in geschlossenen Kreisläufen geführt werden. Anfallende Abwässer müssen gereinigt oder einer entsprechenden Aufbereitung zugeführt werden. Der Energieeinsatz in der Produktion ist ein weiterer entscheidender Faktor: Die sogenannte „graue Energie“, also die gesamte Energiemenge, die für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung der Produkte benötigt wird, sollte so gering wie möglich gehalten werden. Dabei spielt die Herkunft der eingesetzten Energie eine ebenso große Rolle wie deren effiziente Nutzung. Der Einsatz erneuerbarer Energien trägt maßgeblich zur Verbesserung der ökologischen Bilanz bei. Gleichzeitig müssen Unternehmen darauf achten, den Ausstoß von Treibhausgasen zu minimieren.
Auch der Umgang mit Chemikalien erfordert besondere Aufmerksamkeit. Der Einsatz potenziell umwelt- oder gesundheitsschädlicher Stoffe sollte möglichst vermieden oder zumindest auf das absolut notwendige Minimum reduziert werden. Mitarbeitende in der Produktion sind durch geeignete Schutzmaßnahmen und Schulungen vor dem Kontakt mit solchen Substanzen zu schützen. Ebenso wichtig ist es, dass Nutzer der fertigen Produkte nicht mit gesundheitsschädlichen Stoffen in Berührung kommen. Alle eingesetzten Chemikalien, ob für das Produkt, den Prozess oder die Wartung, sind umweltgerecht zu entsorgen.
Energieeffiziente Nutzung
Nachhaltigkeit endet nicht mit der Auslieferung eines Produkts. Auch während der Nutzung spielt sie eine wichtige Rolle. Einige Büromöbel benötigen eine Energieversorgung, etwa für integrierte Beleuchtungselemente oder elektrische Verstellmöglichkeiten. Hier ist es entscheidend, dass der Betrieb möglichst energiearm erfolgt, etwa durch effiziente Stand-by-Modi oder die Möglichkeit, die Energiezufuhr vollständig abzuschalten. Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit sind weitere zentrale Kriterien. Hochwertige Produkte, die sich gut instand halten lassen, verlängern die mögliche Nutzungsdauer und reduzieren den Ressourcenverbrauch erheblich.
Leitfaden: R-Strategien
Aktuell liegt das Thema Zirkularität, also das Ziel, Produkte und Materialien so lange wie möglich im Kreislauf zu halten, im Zentrum der Aufmerksamkeit. Die sogenannten R-Strategien bieten hierfür eine wertvolle Orientierung. Sie reichen vom bewussten Verzicht auf unnötige Produkte und Materialien über die Reduktion des Material- und Energieverbrauchs, die Wiederverwendung und Reparatur von Produkten bis hin zur Aufarbeitung, Umnutzung, dem Recycling und der Rückgewinnung von Energie aus nicht mehr nutzbaren Materialien.

Preform hat mit PreDinkel ein nachhaltiges Akustikmaterial aus Dinkelspelzen entwickelt – einem Nebenprodukt der Landwirtschaft. Abbildung: Preform
Wenn es darum geht, den Materialeinsatz zu optimieren, den Energieverbrauch zu senken und Produkte für eine möglichst lange Nutzung zu entwickeln, sind Designer, Fertigungsingenieure und Einrichtungsplaner gleichermaßen gefragt. Ein gutes Refurbishing-Konzept sieht von vornherein Schnittstellen für spätere Erweiterungen oder technologische Updates vor und ermöglicht so eine flexible Anpassung an zukünftige Anforderungen. Nach Ende der Nutzungsdauer sollten Büromöbel möglichst einfach demontiert werden können, damit die einzelnen Materialien sortenrein recycelt werden können. Hersteller, die ihre Produkte zurücknehmen und einer Weiterverwertung zuführen, leisten einen wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. Dabei ist es jedoch wichtig, die ökologischen Kosten für Rücktransport und Recycling stets gegen andere Nachhaltigkeitsaspekte abzuwägen, etwa dann, wenn lange Transportwege erforderlich sind.
Ganzheitlich Denken
Nachhaltigkeit beschränkt sich nicht auf ökologische Aspekte. Unternehmen, die nachhaltig handeln, übernehmen soziale Verantwortung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Dazu gehört neben dem Schutz der physischen Unversehrtheit der Mitarbeitenden auch die Förderung ihres Wohlbefindens. Die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden und der Region, in der das Unternehmen tätig ist, sollte durch gezielte Maßnahmen sichtbar werden.

Bienen des Reiss Zweck e.V. fördern auf einer naturbelassenen Fläche am Reiss-Standort Werk 2 die Biodiversität. Abbildung: Reiss Büromöbel GmbH
Level als Standard
Wer nachhaltige Büroeinrichtungen sucht, findet mit der Level-Zertifizierung eine verlässliche Orientierungshilfe. Das Zertifikat bewertet die gesamte Nachhaltigkeitsleistung eines Produkts von der Materialherkunft über den Energieverbrauch bis hin zu sozialen Kriterien. Das Level-Zertifikat ist das erste europaweit anerkannte Label speziell für Büro- und Objektmöbel. Es basiert auf unabhängigen Prüfungen nach internationalen Normen auf Grundlage des FEMB-Nachhaltigkeitsstandards.
![]() Abbildung: IBA Volker Weßels, Leiter Nachhaltigkeit und Quality Office, |