Auch in der DDR war das Büro ein Zentrum des Alltags. Dr. Andreas Ludwig vom Potsdamer Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung weiß, wie es ausgesehen hat.
Viel wurde zuletzt über die Lebenswirklichkeiten in der DDR geschrieben. Auch zahlreiche DDR-Bürger verbrachten einen großen Teil ihres Lebens in Büros. Informationen darüber gibt es jedoch nur wenige. Unbekannt ist zum Beispiel, wie viele Menschen in Büros gearbeitet haben. Die DDR-Statistik unterschied nicht zwischen Arbeitern und Angestellten, denn die klassenlose Gesellschaft war das Ziel. Wir wissen, dass die Zahl der im Büro arbeitenden Werktätigen über die Jahrzehnte stieg, dass Büroarbeit vor allem weiblich war und die Bezahlung deutlich geringer als für Arbeit in der Produktion. Das kommt uns bekannt vor: In der Bundesrepublik war es nicht anders.
Das Chefbüro verdeutlicht die Hierarchie
Das Büro des (meist männlichen) Leiters zeigt die hierarchische Organisation des Bürolebens: Unter dem Porträt des Staatsratsvorsitzenden und SED-Chefs sitzt der Leiter an seinem mit Telefon und Gegensprechanlage ausgestatteten Schreibtisch in herausgehobener Position. Ihm gegenüber am Beratungstisch mit Zierdeckchen und Aschenbecher diejenigen, die zum Leiter geladen wurden. Je länger der Beratungstisch, je größer die Bedeutung. Neben dem Leiter hat die Sekretärin ihren Platz: Sie tippt die Protokolle und Beschlüsse. Ein Leiter hat repräsentative Pflichten. Der Wandbehang verweist auf seine Verbundenheit mit dem Sozialismus. Die Schrankwand enthält neben Unterlagen kleine Andenken, Zierrat und Gläser. Stimulierende Substanzen sind hier normal.
Das Büro der Angestellten im Vergleich
Ganz anders der Arbeitsort der Büroangestellten: Er wirkt gedrängt, das Mobiliar zusammengestückelt. Tauchsieder und Gießkanne verweisen auf Pflanzen und den beliebten aufgegossenen Kaffee. Auf den ersten Blick wirkt hier in den 1980ern alles wie aus den 1960er oder 1970er Jahren, der Zeit vor Einführung des Computers, des Bürocontainers und des ergonomischen Bürodrehstuhls. Dinge, die in der Bundesrepublik in die Büros einzogen, gab es ebenso in der DDR, aber oft erst mit großer Verspätung und aufgrund der allgemeinen Knappheit auch nach Jahren nicht flächendeckend. Büros standen nicht im Zentrum der Industrieproduktion.
Büro und Mangelwirtschaft
Büromöbel wurden nur von einem einzigen kleinen Betrieb hergestellt. So wurde eine Schrankwand zum Büromöbel umfunktioniert. Statt des Drehstuhls genügte ein einfacher Allzweckstuhl, der baugleich im Büro eines Exportbetriebs, bei der Post und beim Militär zu finden war. PCs wurden hergestellt, jedoch nach Wichtigkeit der Betriebe verteilt. Es dominierte deshalb die Schreibmaschine aus Dresden oder Erfurt, hergestellt zwischen den 1930er und 1980er Jahren. Dann kamen elektrische Schreibmaschinen auf, allerdings nicht mit Kugelkopf, denn der war patentgeschützt.
Dr. Andreas Ludwig,Wissenschaftlicher Mitarbeiter, |