Agile Arbeitsmethoden sind aktuell in aller Munde. Die Publizistin Dr. Alexandra Hildebrandt erläutert die wichtigsten Modelle und erklärt, warum diese agilen Methoden für die IT-Abteilungen und für die gesamte Unternehmensstruktur immens wichtig sind.
Für die Herausforderungen der Digitalisierung und des demografischen Wandels sind viele Unternehmen in Deutschland noch nicht ausreichend vorbereitet. Das bestätigt eine aktuelle Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung, die sich den Themen aus Sicht der Beschäftigten und ihren Interessenvertretungen nähert. Motivation und Eigenverantwortung werden immer wichtiger, wenn die Arbeitsaufgaben komplexer werden. Unternehmen müssen deshalb dafür sorgen, dass ihre Systeme eine Architektur aufweisen, die dafür sorgt, sich selbst zu stabilisieren und zu reparieren, wie es auch die Evolution meisterhaft vormacht. Das erfordert in den Unternehmen eine Reihe von Veränderungen, zum Beispiel agile Strukturen und einen organisatorischen Umbau.
Warum Unternehmen auf agile Vorgehensmodelle setzen sollten
Agile Arbeitsweisen einzuführen bedeutet, ein Umfeld zu schaffen, in dem in Zukunft den Herausforderungen von Mitarbeitern und Führungskräften optimal begegnet werden kann. Das erfordert die passende Dialogkultur und eine entsprechende Unternehmensstruktur. Besonders die IT-Bereiche sind hier gefordert. Und sie gehen bereits seit Jahren voran: 2001 verabschiedeten Software-Entwickler das „Manifest für agile Softwareentwicklung“, das grundlegende Werte der neuen Arbeitsweisen enthält. Aufbauend auf den Grundsätzen des Agilen Manifests und Lean Management entstanden in den vergangenen Jahren eine Reihe von methodischen Ausprägungen und Managementframeworks für die Unternehmensführung. Anfang der 1990er Jahre wurden in den USA eine Vielzahl neuer Projektmanagement-Methoden für die Softwareentwicklung geschaffen, darunter Software-Kanban, Xtreme Programming, Crystal, Feature Driven Development (FDD) und Scrum (der Begriff stammt aus dem Rugby und bedeutet Gedränge).
Scrum kann für Software sowie andere komplexe Projekte angewendet werden. Ursprünglich wurde es von den japanischen Wissensmanagementexperten Ikujirō Nonaka und Hirotaka Takeuchi in die Wissenschaft eingeführt. Ebenfalls 2001 wurde das erste Buch zu Scrum von Ken Schwaber veröffentlicht: „Agile Software Developement with Scrum“. Er war wie Jeff Sutherland Manifest-Unterzeichner. Beide gelten als Erfinder dieser Methode und haben sie bereits 1995 auf der IT-Konferenz OOPSLA vorgestellt. Scrum basiert auf den Werten des agilen Manifests, das eine neue Art des Projektmanagements darstellt.
Anforderungen an IT-Abteilungen
Die Wandlungsfähigkeit von Unternehmen betrifft heute vor allem die IT, die im Spannungsfeld zwischen traditionellen Anforderungen (Stabilität, Verlässlichkeit, Sicherheit) und eines wachsenden „Digital Demands“ hinsichtlich des Einsatzes neuer Technologien steht. Letzteres fordert eine hohe Flexibilität und Agilität sowie eine kurze „Time-to-market“. Wo intelligente IT-Systeme menschenähnliche Eigenschaften entwickeln, entstehen viele Chancen – es lauern allerdings auch zahlreiche Gefahren: Schon heute ist absehbar, dass die aktuellen Entwicklungen die Menschheit nachhaltig verändern werden.
Die Agenda für eine agilere IT-Funktion muss in Unternehmen mit Leben gefüllt und der Weg zum Ziel mit einem kompetenten Führungsteam angeführt werden. Dazu braucht es ein nachhaltiges Umdenken sowie Aufwendungen aus technischer und organisatorischer Perspektive. Die aktuellen Anforderungen „an dynamische, teambasierte und autonome Arbeitsformen agiler Organisationen zwingen Unternehmen, sich agiler aufzustellen“, sagt Cyrus Asgarian, Leiter der Studie „All-Agile IT“ (2017) der Personal- und Managementberatung Kienbaum, an der 250 CIOs und IT-Führungskräfte teilgenommen haben. Die Studie zeigt, dass die traditionelle Ausrichtung der IT nach dem Plan-Build-Run-Prinzip längst überholt ist und agile Teams IT-Development und IT-Operations-Kompetenzen vereinen. Das bedeutet, dass sie für die gesamte Wertschöpfungskette verantwortlich sind. Damit verbunden ist auch ein grundlegender Wandel der Zusammenarbeit zwischen Business und IT (Etablierung von gemeinsamen Business- und IT-Teams/BizDevOps). Nachgewiesen wird allerdings auch, dass die Mehrheit der befragten Unternehmen ihren agilen Reifegrad als überraschend niedrig einstuft.
Literatur:
Alexandra Hildebrandt/Werner Landhäußer (Hg.): „CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft“, SpringerGabler Verlag, Heidelberg - Berlin 2017.
Dr. Alexandra Hildebrandt, Publizistin, Wirtschaftspsychologin und Nachhaltigkeitsexpertin.
Twitter: @AHildebrandt70 Foto: Steffi Henn
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