Wer auf der Suche nach dem derzeitigen Bürobeleuchtungstrend über die Light + Building in Frankfurt am Main gelaufen ist, sah schöne Leuchten. Er bekam allerdings auch den Eindruck, dass es bei der Bürobeleuchtung immer weniger um Licht geht – und immer mehr um Daten. Ein Messebericht von Sebastian Klöß.
„Sie finden hier bei uns am Stand beinahe mehr Monitore als Leuchten“, grüßte die Mitarbeiterin eines großen süddeutschen Beleuchtungsherstellers. Das stimmte – und das war nicht nur auf diesem Stand der Light + Building so. Dass Leuchten dafür da waren, hell zu machen, das war einmal. Damals, im Zeitalter der Elektrifizierung. Jetzt, im viel beschrienen Zeitalter der Digitalisierung, ist Licht fast nur noch ein Nebenprodukt, und Leuchten sind ein Teil des Internets der Dinge.
Bürobeleuchtung wird Herz der Gebäudedigitalisierung
Mit der LED ist die Lichtquelle längst digital geworden. In den letzten Jahren folgten neue digitale Bedienmöglichkeiten der Beleuchtung über Apps und neue digitale Lichtsteuerungen bis hin zum Human Centric Lighting, das den Tageslichtverlauf nachbildet. Aktuell werden die Büroleuchten immer mehr zu Datensammlern, oder anders ausgedrückt: zu Plattformen der gesamten Gebäudedigitalisierung, des Facility-Managements und mitunter der HR-Abteilung. Dieser Bürobeleuchtungstrend hatte sich vor zwei Jahren auf der Light + Building bereits abgezeichnet. Auf der diesjährigen Ausgabe der Messe gehörte er zu den dominierenden Themen im Bereich Bürobeleuchtung.
Datenkabel statt Stromkabel
Leuchten sind ideal, um in einem Bürogebäude Daten aller Art zu sammeln. Sie sind gleichmäßig über das gesamte Gebäude verteilt und dort, wo sie sind, liegen sowieso schon Kabel. Immer häufiger reicht den Büroleuchten sogar ein Netzwerkkabel, über das sie Daten senden und empfangen sowie ihren Strom bekommen. Philips bietet das zusammen mit Cisco bereits seit Längerem an, bei zahlreichen anderen Leuchtenherstellern (unter anderem Esylux) findet sich dieses Power over Ethernet ebenfalls.
Riechende und hörende Leuchten
Ein inzwischen schon alter Hut sind Präsenzsensoren, die das Licht am Arbeitsplatz selbstständig an- und ausschalten. Ebenfalls schon länger gibt es Sensoren, die einfallendes Tageslicht messen, um die Beleuchtung im Raum zu dimmen, wenn viel Sonnenlicht ins Innere fällt, und heller zu stellen, wenn sich der Himmel bewölkt. Zu diesen zweien kommen immer weitere Messfühler hinzu. Sie können die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit direkt am Arbeitsplatz messen, den CO2-Gehalt in der Luft bestimmen oder sogar „riechen“, also VOCs (Volatile Organic Compounds) aufspüren. Solche flüchtigen organischen Verbindungen entströmen Kunststoffen, Möbeln und Reinigungsmitteln, aber auch Lebensmitteln und uns Menschen. Der Achselschweiß lässt grüßen. Ach ja, „hören“ können manche Leuchten mittlerweile ebenfalls. Zumtobel zeigte eine Stehleuchte, in der ein Mikrofon als Lautstärkesensor integriert war.
Gute Luft dank guter Leuchte
Bleibt die Frage, wofür die Leuchten all diese Daten erheben. Häufig tun sie es als Teil der gesamten Gebäudesteuerung. Merkt die Leuchte, dass die Luftqualität im Raum abnimmt, gibt sie diese Informationen an die Lüftungs- oder Klimaanlage weiter, die ihre Leistung entsprechend anpasst. Damit kann die Arbeitsqualität im Büro verbessert und der Stromverbrauch gesenkt werden, weil nur in dem Maße gelüftet und gekühlt wird, in dem es nötig ist. Energieeinsparungen werden auch auf dem Stammgebiet der Beleuchtung möglich, wenn das Licht nur dann brennt, wenn es muss, und nicht heller, als es das natürliche Tageslicht erfordert. Das ist der eher klassische Teil der digitalisierten Beleuchtung: ein kybernetischer Regelkreis.
Visualisierung der Arbeitsplatzbelegung
Mit den Informationen lässt sich jedoch noch bedeutend mehr machen. Beispiel Präsenzsensor: Seine gewonnenen Daten können nicht nur dafür verwendet werden, um das Licht ein- und auszuschalten. Ebenso gut lässt sich mit ihnen visualisieren, welche Bereiche des Bürogebäudes zu welcher Zeit wie stark frequentiert sind. Hier kommen die Bildschirme ins Spiel, die auf vielen Ständen der Light + Building zu sehen waren. Sie zeigten die Etagengrundrisse imaginärer und teils auch realer Bürogebäude, samt eingezeichneter Arbeitsplätze, Besprechungsecken und Meetingräume. Farblich ist markiert, wie stark sie jeweils frequentiert werden – gerade im Moment oder zu einer beliebigen Zeit in der Vergangenheit. Vor allem das Facility-Management ist an solchen Daten interessiert. Erkennt es, dass viele Arbeitsplätze nicht oder nur kurze Zeit genutzt werden, lassen sich diese einsparen oder anders nutzen. Stand ein Meetingraum den ganzen Tag über leer, muss er abends nicht geputzt werden. Und sieht der Facility-Manager, dass einzelne Büroteile nicht belegt sind, kann er den Reinigungsservice dort tagsüber putzen lassen und damit Nachtzuschläge sparen.
Leuchten weisen den Weg
Im Idealfall hat auch der Büroangestellte etwas von den Daten. Wird nach dem Prinzip des Desk-Sharings – also ohne fest zugewiesenen Schreibtisch – gearbeitet, kann er auf dem Weg ins Büro sehen, wo ein Arbeitsplatz frei ist und diesen mitunter sogar gleich buchen. Gleiches gilt für Meetingräume. Mit noch mehr Sensoren wird noch mehr möglich, Stichwort Indoor-Navigation. Erkennt die Leuchte den Mitarbeiter (sei es über eine Chipkarte oder das Bluetooth-Signal seines Smartphones), kann er innerhalb des Gebäudes zum gewünschten Ort geführt werden. Entweder à la Google Maps per Gebäudeplan auf dem Smartphone oder sogar per Licht: Ein Leuchtenband in der Decke zeigt den Weg in die richtige Richtung, indem es seine Lichtfarbe oder seine Lichthelligkeit ändert. Der Mitarbeiter muss dann nur noch dem Licht folgen. Glamox tüftelt an solch einer Lösung.
Neue Möglichkeit zur Mitarbeiterüberwachung?
So weit die schönen neuen Möglichkeiten der vernetzten Bürobeleuchtung. Doch sind Daten erst einmal gesammelt, wecken sie meist weitere Begehrlichkeiten. Neben dem Facility-Management dürften sich auch die HR-Abteilung und Vorgesetzte dafür interessieren, wo wie lange im Büro gearbeitet wird. Über die Visualisierung der Bürobelegung lässt sich leicht erkennen, welche Abteilung in welcher Personalstärke zu welchen Zeiten aktiv war. Gibt es fest zugewiesene Schreibtische, wird sogar sichtbar, wann Mitarbeiterin Müller am Arbeitsplatz war und dass Kollege Schmidt wieder später gekommen ist. Wie mit all den neuen Informationen, die die Büroleuchten liefern, umgegangen wird, wofür sie sinnvollerweise genutzt werden und wofür besser nicht – das wird noch zu diskutieren sein. Genauso wie die Rolle, die den Herstellern der Beleuchtung zukommt.
Bürobeleuchtungstrend: Beleuchtung as a Service
Einige Hersteller – etwa Waldmann, Trilux, Tobias Grau – konzentrieren sich in erster Linie darauf, Leuchten samt Sensorik herzustellen. Zusätzlich bieten sie die passende Steuerungssoftware an und sorgen dafür, dass die Leuchten über gängige Standards wie Casambi, DALI oder KNX mit dem Rest der Gebäudeautomation kommunizieren können. Andere, etwa Regiolux, arbeiten mit Partnern zusammen, um komplette Lösungen wie die Indoor-Navigation anbieten zu können. Und die großen am Markt (genannt seien Osram, Philips, Zumtobel) bieten eigenständige Gesamtpakete an, in denen Licht und Leuchten immer weniger im Fokus stehen, der Daten- und der Softwareteil hingegen an Bedeutung gewinnen. Dort geht es dann nicht mehr darum, Leuchten zu verkaufen, sondern Beleuchtung as a Service anzubieten. Womit die Leuchtenhersteller zumindest potenziell die gewonnenen Daten ebenfalls nutzen können.