Unstimmigkeiten zwischen und innerhalb der Führungsebenen in deutschen Unternehmen behindern oft eine erfolgreiche digitale Transformation. Das zeigt eine veröffentlichte Studie, die im Auftrag des Softwarespezialisten Abbyy durchgeführt wurde.
Ganze 72 Prozent der befragten CIOs und CEOs in Deutschland sehen das eigene Unternehmen digital gut aufgestellt. So lautet ein zentrales Ergebnis der Studie. Beschäftigte der unteren Managementebenen stimmen dieser Aussage eher bedingt zu – nämlich nur 61 Prozent. 37 Prozent der Manager dieser Ebene sehen sich mit Hindernissen bei der digitalen Transformation konfrontiert, trotz der Verfügbarkeit von neuer Digitaltechnik. Bei den Führungskräften sind es hingegen nur 28 Prozent, die größere Hindernisse sehen.
Unterstützende Tools für digitale Transformation
Der Einsatz von No-Code-/Low-Code-Plattformen würde es Managern ermöglichen, auf schnelle Weise eigene Lösungsmöglichkeiten bei Problemen entwickeln zu können, ohne dabei auf eine manuelle Programmierung angewiesen sein zu müssen. Dennoch nutzen in Deutschland nur zwölf Prozent von ihnen solche Plattformen für aktuelle Projekte der digitalen Transformation.
Darüber hinaus wenden nur 30 Prozent der Manager Process-Mining-Tools an, die ihnen dabei helfen würden, Automatisierungsmöglichkeiten zu erkennen und die Ursachen von Engpässen und Verzögerungen bei Unternehmensprozessen rasch aufzudecken. Auf den oberen Ebenen liegt der Zugang teilweise deutlich höher, und global nutzt sogar rund die Hälfte (48 Prozent) der befragten leitenden Führungskräfte Process-Mining-Technologien.
Hingegen zeigt sich global betrachtet, dass die Bedeutung von IDP-Technologien (Intelligent Document Processing), mit denen Unternehmensinhalte digitalisiert und intelligent verarbeitet werden können, um diese effizienter zu nutzen, positionsunabhängig mehr und mehr zunimmt. Während in Deutschland die Unterschiede zwischen Führungsebene und Managern noch verhältnismäßig groß sind, liegt die Nutzung von IDP-Technologien international gesehen auf allen Positionen bei mindestens 60 Prozent.
Beeinträchtigungen bei der digitalen Transformation
Obwohl sich die digitale Transformation massiv beschleunigt hat, findet ihre Umsetzung mehrheitlich nicht ohne Schwierigkeiten statt. Ganze 95 Prozent der Unternehmen in Deutschland haben Unterbrechungen ihrer digitalen Transformationsprojekte erlebt. Überraschenderweise sagen aber nur gut sechs von zehn Befragten (59 Prozent), dass die Corona-Pandemie und die Umstellung aufs Homeoffice dafür verantwortlich sind.
Ein kurzzeitiger Stopp eines Digitalisierungsprojekts hat weitreichende Folgen: So legte aufgrund dessen fast jedes dritte deutsche Unternehmen (27 Prozent) seine Initiativen zur digitalen Transformation zwischenzeitlich komplett auf Eis. Eine ähnlich hohe Anzahl musste feststellen, dass die gewählten Lösungen nicht wie gewünscht funktionieren.
Zudem glauben Entscheidungsträger nicht daran, dass mit dem Ende der Pandemie auch die Schwierigkeiten bei Digitalisierungsprojekten aufhören werden. 77 Prozent der befragten deutschen Unternehmen erwarten für die Zukunft weitere Auswirkungen auf das Geschäft aufgrund der Herausforderungen in der Digitalisierung.
Bei der Identifizierung der Ursachen für diese Herausforderungen nannte mehr als ein Drittel (35 Prozent) der Befragten Schwierigkeiten beim Ersetzen von Altsystemen. 32 Prozent gaben die Genehmigung von Budgets als Hindernis an und 29 Prozent nannten Qualifikationsdefizite in ihren Unternehmen als möglichen Grund. Für 22 Prozent sei es schwierig, überhaupt erst die Zustimmung der Geschäftsleitung oder des Vorstands für digitale Transformationsprojekte zu erhalten.
Optimistische Führungskräfte versus realistische Manager
Was der Studie zufolge ebenfalls in vielen Unternehmen vorherrscht, ist eine Art Tunnelblick der obersten Führungsebenen. Mehr als jeder Zweite (59 Prozent) aus dieser Gruppe gibt an, dass er Entscheidungen über Initiativen der digitalen Transformation selbst maßgeblich vorantreibt. Auf den unteren Ebenen stimmen dem jedoch lediglich 35 Prozent der Manager zu. Angesichts dieser Diskrepanzen sei es nicht verwunderlich, dass Transformationsprojekte scheitern, schlussfolgern die Initiatoren der Studie.
Manager sind auch weit weniger optimistisch, was die digitale Vorbereitung ihres Unternehmens angeht, als ihre Unternehmensführung. Trotz der Verfügbarkeit neuer Technologien sehen sich 37 Prozent der Manager mit Herausforderungen konfrontiert, verglichen mit nur 28 Prozent der Führungskräfte. Unterdessen finden nur 14 Prozent der Führungskräfte, dass die Genehmigung von Budgets ein Hindernis darstellt, gegenüber 37 Prozent der Manager.
Budgets ohne Wirkung
Investitionen, die von den Führungskräften getätigt wurden, zeigen nicht die Wirkung, die sie zeigen sollten. Und dass, obwohl laut 67 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland Budgets in Höhe von einer halben Million bis fünf Millionen Euro dafür ausgegeben worden sind. Für das Jahr 2022 erwarten 47 Prozent sogar noch weiter steigende Budgets.
„Man kann sehen, dass einige Unternehmensführungen eine Art Tunnelblick entwickelt haben – was in einer Zeit, in der für viele Organisationen das Überleben ganz oben auf der Agenda stand, nicht wirklich überraschend ist. Unsere Untersuchung hat aber auch gezeigt, dass trotz bester Bemühungen der Führungskräfte, die Nachwuchskräfte und das mittlere Management immer noch mit Herausforderungen zu kämpfen haben, selbst wenn neue Technologien bereits eingesetzt werden“, erläutert Markus Pichler, Vice-President of Sales Europe bei Abbyy. „Es ist von entscheidender Bedeutung zu verstehen, welche Technologien die Produktivität verbessern können und wo sie den größten Einfluss ausüben. Der breite Einsatz von IDP-Lösungen ist der erste Schritt, den Führungskräfte tun können, um ihren Mitarbeitern einen schnelleren Zugriff auf Informationen zu ermöglichen. Process Mining und die damit verbundene Intelligenz kann die Lücke zwischen der Realität, die Manager und Mitarbeiter erleben und den Erwartungen der Unternehmensführung letztlich schließen.“
Für die von Abbyy beauftrage Studie hat das B2B-Marktforschungsunternehmen Sapio Research im April und Mai 2021 über 1.200 IT-Entscheider in Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern befragt.