Der Design Forecast 2025 von Gensler wirft einen Blick in die Zukunft unserer Arbeitswelten. Im Interview gibt Peter Schäfer, Design Director bei Gensler München, exklusive Einblicke in diesen. Er verrät, welche Trends die Bürogestaltung in den nächsten Jahren prägen werden.
OFFICE ROXX: Herr Schäfer, im Mittelpunkt von Genslers Design Forecast 2025 stehen fünf Schlüsselfaktoren für die Zukunft des Designs und des städtischen Lebens. Welche sind das?
Peter Schäfer: Erstens werden aus unserer Sicht Lifestyle- und Entertainment-Quartiere in den Metropolen im Jahr 2025 eine zentrale Rolle spielen. Sie sind die neuen Ankerpunkte für Städte, die die Gemeinschaft fördern und die Menschen zusammenbringen können. Gastronomie, Einzelhandel, Sport und Wohnen bilden den Mix dieser erlebnisorientierten Quartiere, deren Aufschwung auch die Nachfrage nach zuverlässigem Nahverkehr antreibt.
Zweitens glauben wir, dass die Nachfrage nach nachhaltigem Design die Innovation im Bausektor und den Wert dieser Gebäude erhöht. Da Unternehmen weltweit vor Klimarisiken zurückschrecken, werden Gebäude, die mit widerstandsfähigen und nachhaltigen Strategien entworfen wurden, zu Höchstpreisen gehandelt. Dieser Nachhaltigkeitsschub treibt auch die Nachfrage nach neuen Innovationen bei Bauverfahren und in der Materialindustrie an. Adaptive Wiederverwendung alter Gebäude, energieeffizientes Design, die gleichzeitig Müll und Kohlenstoff reduzieren. Lösungen wie Massivholz, kohlenstoffarme oder -freie Innenausstattungen sowie kohlenstofffreier Zement führen zu einer Materialrevolution.
Drittens gibt es ein großes Interesse an der Umnutzung von bestehenden, veralteten Bürogebäuden, die zu stark reduzierten Preisen gehandelt werden, um neue, wertvolle Immobilien zu schaffen, die über die Umwandlung von Bürogebäuden in Wohngebäude hinausgehen. Da die Kapitalkosten sinken, wird das ein neues finanzielles Umfeld schaffen, das Entwickler zu kreativen Umnutzungen aller Art anspornen wird, unter anderem von Einzelhandel in Gesundheitswesen, vom Einzelhandel zu Sport, von Büros in Seniorenwohnungen oder vom Büro in wissenschaftliche Laboratorien und mehr.
Ein weiterer Faktor ist der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum. Neue finanzielle Anreize und sinkende Zinssätze in Verbindung mit Änderungen der Flächennutzungsplanung und Bauvorschriften schaffen einen attraktiven Markt für Wohnanlagen aller Art.
Und nicht zuletzt: Beim Arbeitsplatz der Zukunft geht es vor allem um Mitarbeitererlebnisse und Inspiration. Auf der Suche nach einem Büro werden Mieter auch 2025 weiterhin auf Qualität setzen und Flächen suchen, die ihre Mitarbeitenden motivieren und ihren beruflichen Vorstellungen entsprechen. Vermieter, die wettbewerbsfähig sein wollen, müssen sich darauf konzentrieren, ihre Flächen in voll ausgestattete, hochwertige Gebäude umzuwandeln, die sich in der Nähe des öffentlichen Nahverkehrs und innerhalb des 20-Minuten-Lifestyle-Mix befinden.
Wie sollte das moderne Corporate Office konkret aussehen? Was ist essenziell?
Die Nachfrage nach modernen Büros, die einen effektiven Arbeitsplatz und ein hochwertiges Arbeitserlebnis bieten, steigt stark an. Mitarbeitende haben gelernt, mobil zu sein, und arbeiten von verschiedenen Standorten – unter anderem auch weiterhin von zu Hause. Daher wird Qualität über Quantität gestellt: Die Anzahl der Arbeitsplätze kann reduziert werden, muss jedoch einen hohen Standard aufweisen. Es gibt ein Überangebot an zweit- und drittklassigen freien Büroflächen auf dem Markt, doch viele Mieter sind nicht bereit, diese anzumieten. Stattdessen bevorzugen sie zentrale Lagen, zusätzliche Service-Angebote und erstklassige Arbeitsplätze und sind bereit, dafür mehr zu zahlen.
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Treffpunkt für Kunden und Mitarbeitende, um gemeinsam innovative Lösungen zu entwickeln. Abbildung: Florian Holzherr
Was ist die Ursache für diesen Trend?
Jüngere Generationen haben andere Wertvorstellungen. Sie haben klare Erwartungen an das Bürokonzept in Bezug auf das Wohlbefinden am Arbeitsplatz, integratives Design, den CO2-Fußabdruck und Nachhaltigkeit. Diese Anforderungen spiegeln sich auch in der Repräsentation der Unternehmenskultur wider. Wir haben ein flexibles Arbeitsplatzökosystem mit einer Mischung aus unterschiedlichen Arbeitsplätzen, diversen Serviceangeboten in und um das Gebäude, sozialen Bereichen, Grünzonen und Räume zur Entspannung geschaffen. Dies ermöglicht ein einzigartiges Arbeitserlebnis, das weiterhin wichtig ist und sich kontinuierlich weiterentwickelt.
Return to office – rechnen Sie künftig wieder mit einer größeren Anwesenheit im Büro?
Mitarbeitende haben gelernt, sich im Homeoffice einzurichten, und sehen Vorteile, an einigen Tagen in der Woche von zu Hause zu arbeiten. Für die Bürokultur und die Teamarbeit bleiben persönliche Besprechungen jedoch essenziell, da Qualität und Effizienz nicht durch Online-Meetings ersetzt werden können. Langfristig wird sich das Homeoffice weiter relativieren. Es wird sich ein individueller Mittelweg zwischen Arbeitgebern und -nehmern etablieren, der je nach Unternehmen unterschiedlich ausfällt.
Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Präsenz im Büro weiter zunehmen wird – sei es freiwillig oder durch unternehmenseigene Vorgaben. Sowohl die Gensler-Studie als auch andere ähnliche Untersuchungen zeigen, dass viele Menschen zwar die Flexibilität des Homeoffice genießen, es aber für jüngere Generationen auch zu einer Herausforderung werden kann. Viele Kollegen verfügen zu Hause nicht über ausreichend Platz, um dort einen angenehmen Arbeitsplatz einzurichten. Durch das Arbeiten von zu Hause mangelt es auch an persönlicher Betreuung. Eine kürzlich von Linkedin veröffentlichte Mitarbeiterstudie hat auch gezeigt, dass „Mastery“ (persönliche Weiterentwicklung des eigenen Berufs) eine der wichtigsten Faktoren für die Zufriedenheit im Büro ist. Für die meisten Unternehmen ist es heute von entscheidender Bedeutung, wettbewerbsfähig zu bleiben und attraktive Angebote zu bieten. Untersuchungen zeigen, dass die Zusammenarbeit in Person zu einer höheren Zufriedenheit und Innovationen führt.
Wie könnte sich die Bürowelt in den nächsten zehn Jahren generell entwickeln?
In den nächsten Jahren wird KI unser gesamtes Leben stark beeinflussen und verändern, so auch die Bürowelt. Recherchen und repetitive Arbeiten werden von Programmen und Robotern übernommen, wodurch mehr Zeit bleibt, sich auf andere Tätigkeiten zu fokussieren. Viele Prozesse werden also zukünftig mit oder durch KI ausgeführt. Wenn wir künstliche Intelligenz mehr als einen Kollegen betrachten, mit dem wir zusammenarbeiten, wird die Technik und deren Visualisierung eine größere Rolle in der Bürowelt spielen. Der Schwerpunkt unserer menschlichen Arbeit wird sich auf komplexere Prozesse verlagern, die analytisches Denken, Kreativität und Innovation erfordern. Oft werden diese auch in der Gruppe besprochen oder gelöst, was mehr Gemeinschaftsflächen und soziale Bereiche erforderlich macht.
Vielen Dank.
Die Fragen stellte Boris Bertram.