Eine Studienreihe unter der Leitung von Erica R. Bailey von der University of California Berkeley und Kai Krautter von der Harvard Business School mit mehr als 1.000 Teilnehmenden in den USA und China hat untersucht, wie sich Leidenschaft auf die Leistung auswirken kann.
Leidenschaft gilt als Schlüssel zum Erfolg in der Arbeitswelt. Doch während einige Studien nahelegen, dass leidenschaftliche Mitarbeitende bessere Leistungen erbringen, zeigen andere Studien keine oder sogar negative Auswirkungen von Leidenschaft auf die Leistung. Das Forscherteam um Bailey und Krautter zeigte nun einen Zusammenhang zwischen Leidenschaft und Selbstüberschätzung auf und bietet einen Erklärungsansatz dafür an, warum Leidenschaft nicht (immer) zu besserer Leistung führt.
Selbstbewertung und Leistungswahrnehmung
In ihrer ersten Studie baten die Forscher etwa 800 Mitarbeitende an 20 aufeinanderfolgenden Arbeitstagen, ihre eigene Leidenschaft und Leistung sowie die Leistung ihrer Teamkollegen zu bewerten. Das Ergebnis: Die Leistung der leidenschaftlicheren Mitarbeitenden wurde von ihren Kollegen höher bewertet. Allerdings: Je leidenschaftlicher die Mitarbeitenden waren, desto höher bewerteten sie auch ihre eigene Leistung – und schätzten sich dabei selbst höher ein, als es ihre Kollegen taten.
Wie Leidenschaft die Zukunftsaussichten verzerren kann
In einer zweiten Studie baten die Forscher rund 400 Angestellte, sich vorzustellen, sie wären in einem Job entweder sehr leidenschaftlich oder sehr pünktlich und ihre Leistung würde von ihren Kollegen lediglich als „durchschnittlich“ bewertet. Anschließend sollten sie einschätzen, wie sich ihre Leistung zukünftig entwickeln würde. Das Ergebnis: Trotz derselben mittelmäßigen Bewertung prognostizierten sich die Teilnehmenden in der Gruppe der leidenschaftlichen Angestellten eine bessere Zukunft als es die Gruppe der pünktlichen tat. Sie schätzten ihre zukünftige Leistung damit höher ein, als es die aktuellen Daten vermuten ließen.
Verzerrte Wahrnehmung: Leidenschaft und Überbewertung
In einer weiteren Studie rekrutierten die Forscher über 200 NFL-Fans von acht Playoff-Teams. Den Teilnehmenden wurden Prognosen einer statistischen Analyse-Webseite gezeigt, die die Chancen berechnete, mit denen ihr Lieblingsteam oder ein anderes Team den Superbowl gewinnen könnte. Nachdem die Fans die Vorhersagen überprüft hatten, sollten sie selbst einschätzen, wie wahrscheinlich der Sieg ihres Lieblingsteams im Vergleich zu einem zufällig ausgewählten Finalteam sei. Das Ergebnis: Die Fans schätzten die Gewinnchancen ihres favorisierten Teams durchgehend höher ein, als es die Statistik nahelegte.
Auswirkung auf die Arbeit
Die Forscher warnen vor den negativen Auswirkungen der Selbstüberschätzung, die mit Leidenschaft einhergeht. Sie geben zu bedenken, dass Leidenschaft Herausforderungen mit sich bringt, die eine proaktive und achtsame Führung erfordern. Deshalb empfehlen sie den verantwortlichen Managern, darauf zu achten, dass leidenschaftliche Mitarbeitende eine realistische Selbsteinschätzung beibehalten. Um Risiken durch Selbstüberschätzung zu mindern, könnten Führungskräfte leidenschaftliche Mitarbeitende zum Beispiel dazu ermutigen, eine Pufferzeit einzuplanen und innezuhalten, bevor Aufgaben eventuell mit zu großer und verfehlter Selbstsicherheit angegangen werden und daraus in der Folge vermeidbare Fehler entstehen. Regelmäßiges, konstruktives Feedback sei für leidenschaftliche Mitarbeitende essenziell, schlussfolgern die Forscher aus den Studienergebnissen.