In dem Sammelband „OFFICE+OBJEKT. Lieblingsprojekte von Architekten, Planern, Herstellern“ werden 44 Top-Projekte für Büro & Co. vorgestellt. Wir veröffentlichen das Grußwort von Helmut Link, Vorsitzender des Industrieverband Büro und Arbeitswelt (IBA).
Die Arbeitswelt verändert sich in rasantem Tempo. Mehr denn je ist speziell die Büroarbeit geprägt durch wechselnde Anforderungen, durch Individualisierung, gestiegene Erwartungen von Kunden und Beschäftigten sowie durch eine wachsende Bedeutung interdisziplinärer Zusammenarbeit. Mit dem Potenzial, Arbeitsabläufe erheblich zu vereinfachen, hält die künstliche Intelligenz Einzug in die Unternehmen. Sie wird neue Formen der Zusammenarbeit hervorbringen und gleichzeitig die Chance eröffnen, stärker auf die Menschen und ihre Bedürfnisse einzugehen. Jenseits der Routinen bleibt nach wie vor der Mensch selbst gefragt. Denn KI kann zwar Wissen erschließen, aber Intuition, Einfühlungsvermögen, die Fähigkeit zu Regelbrüchen und damit vieles, was es für echte Innovation braucht, bleibt bis auf Weiteres ihm vorbehalten.
Das heißt jedoch nicht, weiter so zu arbeiten wie bisher. Mehr effektive Zusammenarbeit über Abteilungs-, Fach- und Unternehmensgrenzen hinweg ist dringend erforderlich. Gebraucht werden neben geeigneter Technik besonders Orte für die unmittelbare, persönliche Begegnung. Orte, die nicht nur Platz für geplante Besprechungen bieten, sondern auch dem Zufall, dem Unerwarteten, der Serendipity den Boden bereiten und dabei konsequent den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Dafür brauchen Unternehmen und ihre Mitarbeitenden Büros mit flexiblen Strukturen, die sich an unterschiedliche Nutzungsformen anpassen lassen, Community-Orte, die Platz für Kommunikation und Kollaboration bieten, und Räume, die Unternehmenskultur erlebbar machen. All diese Erkenntnisse sind nicht neu, aber sie haben an Dringlichkeit gewonnen.
Noch sieht es in den meisten Unternehmen jedoch deutlich anders aus. Der Fokus liegt vielerorts nach wie vor auf der Suche nach dem richtigen Maß für hybrides Arbeiten. Die pandemiebedingt schnelle Etablierung von Remote Work im Jahr 2020 hat übliche Prozesse umgekehrt. Plötzlich war es nicht mehr möglich, neue Arbeitsweisen punktuell auszuprobieren und dann für alle umzusetzen, sondern es hieß, erst umsetzen und dann schauen, was daraus wird. Mit diesem „Schauen“ und den Fragen, was sich bewährt hat und was noch einmal verändert werden muss, sind wir immer noch beschäftigt. Dabei geht es um weit mehr, als um die Frage, wie viele Arbeitsplätze künftig vorgehalten werden sollen. Es geht um Kultur, Wohlbefinden, effizientes Arbeiten und um Zukunftsoffenheit.
In unregelmäßigen Abständen lässt der IBA repräsentative Beschäftigtenbefragungen durchführen. Die IBA-Studie 2023/24 beschäftigt sich unter anderem mit der Rolle des Büros aus Sicht von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Erwartungsgemäß sehen diese den besonderen Vorteil der Präsenz vor Ort im persönlichen Kontakt und im fachlichen Austausch mit Kollegen und Vorgesetzten. Dennoch berichtet die Mehrzahl der Befragten, dass sich in ihren Büros bislang strukturell kaum etwas verändert hat. Es fehlen Kommunikations- und Interaktionsräume, Aufenthalts- und Pausenbereiche. Von der geforderten Variabilität sind die meisten Einrichtungen weit entfernt.
Woran liegt das? Die Gründe sind vielfältig, aber ein Faktor tritt in der jüngsten IBA-Studie deutlich hervor: Es fehlen die Vorbilder. Darüber, dass die neuen, flexiblen Formen der Zusammenarbeit nur dann gut funktionieren, wenn sie durch das Umfeld unterstützt werden, herrscht längst Einigkeit. Weniger klar ist, wie die neuen Arbeitsorte aussehen könnten. Die medial präsenten Bilder der Campusse im Silicon Valley sind für die meisten Unternehmen nur bedingt hilfreich. Die Inszenierungen der großen Tech-Giganten scheinen von ihren Möglichkeiten fast ebenso weit entfernt wie die Büros junger Start-ups hierzulande. Andere Beispiele sind kaum bekannt. Dabei gibt es diese Leuchtturmprojekte, die scheinbar spielerisch Flexibilität, Variabilität, Menschzentrierung und Nachhaltigkeit verbinden. Einrichtungen, die zeigen, wie Büroräume zu Lernräumen werden und wie normal neue Formen der Zusammenarbeit plötzlich erscheinen, wenn sie in einem geeigneten Rahmen stattfinden. Man muss solche Vorbilder nur finden.
Dieses Buch leistet dazu einen wertvollen Beitrag. Indem es ausgewählte Leuchtturmprojekte vorstellt, kann es dazu beitragen, den Kulturwandel in weiteren Unternehmen zu beschleunigen. Das ist wichtig, denn bei der Planung und Realisierung neuer Arbeitsumgebungen geht es schließlich immer auch um die generelle Zukunftsfähigkeit der Arbeit.
BUCHTIPP: OFFICE+OBJEKT. Lieblingsprojekte von Architekten, Planern, HerstellernIn dem Sammelband „OFFICE+OBJEKT“ werden 44 Top-Projekte für Büro & Co. vorgestellt und ausgezeichnet. Es handelt sich um besonders gelungene Planungs- und Einrichtungsbeispiele, „Lieblingsprojekte“ namhafter Architekten, Planer und Hersteller. Auch dieser im Berliner PRIMA VIER Nehring Verlag erschienene Sammelband stellt mit seinen 208 hochwertig produzierten Seiten ein opulentes Kompendium dar. Nach Grußworten von Prof. Carsten Wiewiorra (BDIA) und Helmut Link (IBA) sowie Autorenbeiträgen renommierter Architekten folgen die bilderreich dargestellten Referenzbeiträge: Top-Projekte, die den Architekten, Planern und Herstellern besonders am Herzen liegen und die Redaktion beeindruckt haben. „OFFICE+OBJEKT. Lieblingsprojekte von Architekten, Planern, Herstellern“, Robert Nehring (Hg.), PRIMA VIER Nehring Verlag, Berlin 2024, 208 Seiten, DIN A4, 79,90 € (Hardcover), 64,90 € (E-Book). Erhältlich unter office-roxx.de/shop. |