In dem Sammelband „OFFICE+OBJEKT. Lieblingsprojekte von Architekten, Planern, Herstellern“ werden 44 Top-Projekte für Büro & Co. vorgestellt. Wir veröffentlichen das Grußwort von Prof. Carsten Wiewiorra, Präsident bdia bund deutscher innenarchitektinnen und innenarchitekten.
Was hält schon für die Ewigkeit? Innenarchitektur wird dies nicht nachgesagt. Aber Innenarchitektur hat die Fähigkeit, mit sensiblen Eingriffen und wandelbaren Konzepten auf Dauer stark zu sein. Denn richtig ist: Innenarchitektur ist per se eine Planungsdisziplin, die auf die Menschen ausgerichtet ist und diese idealerweise bereits mit in den Planungsprozess einbezieht. Das zeichnet sie aus. Der Maßstab ist der Mensch. Und richtig ist auch: Die Bedürfnisse der Menschen – also der Nutzerinnen und Nutzer, Betreiberinnen und Betreiber – ändern sich in der heutigen Zeit schneller als je zuvor. Digitalisierung, Globalisierung und Individualisierung wirken als Katalysatoren der Evolution der Arbeitswelten.
New Work ist in aller Munde. Sie stellt Innenarchitektinnen und Innenarchitekten, die entsprechende Arbeitswelten konzipieren, vor neue Aufgaben. „Für uns beantwortet New Work die elementare Frage, wie im digitalen Wissenszeitalter unter veränderten Umgebungsbedingungen produktiv, leistungsorientiert und mit energetisch positiver Bilanz gearbeitet werden kann und wie sich Architekturbüros in agile, adaptive Organisationen mit hoher Transformationskompetenz entwickeln können“, sagen Vera Starker und Jette Hopp im jüngst erschienenen Sachbuch „New Work in der Architektur“. Siehe da: Es geht darum, das Gesamte im Blick zu behalten und sich bei der Beschäftigung mit den To-dos auch mit den eigenen organisationsimmanenten Gegebenheiten auseinanderzusetzen.
Wie aber lassen sich nutzerfokussierte Planungen von mitunter kurzer Dauer und New-Work-Prinzipien miteinander vereinbaren? Die Antworten sind vielfältig.
Analyse: Nachhaltige Raumkonzepte sind Raumkonzepte, bei denen die Gebäudeinfrastruktur einbezogen wird. Energie-, Strom- und Wasserversorgung, Beleuchtungs- und Belüftungskonzepte werden von Anfang an hinsichtlich energieeffizienter Nutzung, späterer Umnutzung und Rückbau mitgeplant. Dabei wird der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes betrachtet. Flexibilität: Gute Innenarchitektur macht es möglich, dass mit nur geringen baulichen Eingriffen ein maximaler Effekt erzielt wird – und das ressourceneffizient und angemessen. Wir stellen hohe Ansprüche an unsere Arbeitswelten. Sie sollen kollegiale Zusammenarbeit fördern und gleichzeitig Rückzugsorte bieten, flexible Besprechungssituationen ermöglichen und zugleich informelle Begegnungen zwischen Kollegen erlauben. Noch komplexer wird es, wenn weitere Nutzer, etwa Kunden, berücksichtigt werden müssen. Raum-in-Raum-Lösungen werden bereits vielfach umgesetzt. Viele Hersteller sind in den vergangenen Jahren umgeschwenkt auf Büromöbel mit maximal flexiblen Einstellungen. Sie vereinen zahlreiche Funktionen wie Arbeitsfläche, Sitzfläche, Blickschutz, Whiteboard, Mobilität usw. in einem Produkt. Materialauswahl und Montage: Auf Nachhaltigkeit und Gesundheit zielende Innenarchitektur greift auf biobasierte und nachwachsende Ressourcen zurück, auf unbehandelte Materialien, recycelte oder wiederverwendete Bauteile, die Nutzung von Standardgrößen ohne weiteren Zuschnitt und rückbaufähige Montagevarianten. Antizipation: Nicht jede Arbeitswelt bleibt für immer bestehen, Unternehmen vergrößern oder verkleinern sich. Deshalb sollten sich Innenarchitektinnen und Innenarchitekten die folgenden Fragen stellen: Welcher Aufwand ist nötig, um mit wenigen Eingriffen die Nutzung der Räume für noch mehr Menschen zu ermöglichen? Wie können die Räume zukünftig genutzt werden, wenn das Unternehmen schrumpft? Eignen sich die Räume für Coworking oder gar dazu, ein zweites Unternehmen unterzubringen? Und was kommt danach? Insbesondere in Zeiten des Wohnraummangels stellt sich die Frage, ob Gewerbeflächen nicht schon von vornherein so angelegt werden sollten, dass darin später Wohnungen entstehen können.
In Akzeptanz der veränderten Rahmenbedingungen, Bedürfnisse und Ansprüche werden sich unsere Sehgewohnheiten wie auch unsere berufliche Praxis ändern müssen. Ich denke, wir sind an einem bedeutsamen Punkt angelangt, an dem wir eine systematische Transformation anstreben sollten und es Planerinnen und Planern gleichzeitig ermöglichen müssen, diese Kompetenzen auf- und auszubauen. Unsere Wissensaneignung ist keinesfalls mit unserem Studienabschluss beendet. Vielmehr sollten wir uns Lernprozessen im beruflichen Alltag öffnen und diese annehmen. Es gilt, kritisches Denken und Hinterfragen zu praktizieren!
BUCHTIPP: OFFICE+OBJEKT. Lieblingsprojekte von Architekten, Planern, HerstellernIn dem Sammelband „OFFICE+OBJEKT“ werden 44 Top-Projekte für Büro & Co. vorgestellt und ausgezeichnet. Es handelt sich um besonders gelungene Planungs- und Einrichtungsbeispiele, „Lieblingsprojekte“ namhafter Architekten, Planer und Hersteller. Auch dieser im Berliner PRIMA VIER Nehring Verlag erschienene Sammelband stellt mit seinen 208 hochwertig produzierten Seiten ein opulentes Kompendium dar. Nach Grußworten von Prof. Carsten Wiewiorra (BDIA) und Helmut Link (IBA) sowie Autorenbeiträgen renommierter Architekten folgen die bilderreich dargestellten Referenzbeiträge: Top-Projekte, die den Architekten, Planern und Herstellern besonders am Herzen liegen und die Redaktion beeindruckt haben. „OFFICE+OBJEKT. Lieblingsprojekte von Architekten, Planern, Herstellern“, Robert Nehring (Hg.), PRIMA VIER Nehring Verlag, Berlin 2024, 208 Seiten, DIN A4, 79,90 € (Hardcover), 64,90 € (E-Book). Erhältlich unter office-roxx.de/shop. |