„Wahre Werte“: Für die Real-Estate-Branche sind Büroimmobilien immer wichtiger geworden. Nun ist auch hier vieles im Wandel. Zum Thema Assetklasse Büro äußert sich dieses Mal Sven Mylius, Associate Partner bei der Drees & Sommer SE.
Im August vergangenen Jahres arbeiteten laut einer Erhebung des Ifo-Instituts 25 Prozent der Beschäftigten in Deutschland mindestens teilweise von zu Hause aus. Diese Quote ist seit Aufhebung der Homeoffice-Pflicht relativ stabil und deutlich höher als vor der Pandemie mit zehn Prozent. Ein Viertel aller Arbeitnehmer geht nicht mehr täglich ins Büro – in manchen Tätigkeitsfeldern des Dienstleistungssektors wie IT oder Unternehmensberatung sind es sogar 70 Prozent.
Die Schattenseite sind Leerstände in Büros, ungenutzte Arbeitsplätze und Schreibtische. In unserem diesjährigen Drees & Sommer Workspace Benchmark Report, einer Umfrage unter 181 Teilnehmenden aus verschiedenen Unternehmen und rund 20 Branchen, gibt mehr als die Hälfte der Befragten die Auslastung ihrer Arbeitsplätze mit 50 Prozent oder weniger an; die meisten liegen bei 30 bis 40 Prozent Auslastung. Ungenutzte Büroräume sind teuer – mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen reagiert darauf mit Flächenkonsolidierungen, sprich: Flächenreduktion und -zusammenführung. Durch Mietverträge mit langen Laufzeiten ist zu erwarten, dass sich diese Veränderung nicht sofort, sondern über einen längeren Zeitraum hinweg am Büro-Immobilienmarkt abzeichnen wird. Beispielsweise werden zwei oder mehr separate B-Lagen aufgegeben und an einer kleineren A-Lage zusammengeführt, um einen attraktiveren Standort zu schaffen. Häufig erfolgt dies nach dem Prinzip „Tausche Fläche gegen Qualität“. Das Corporate Real Estate Management etabliert sich mehr denn je als strategischer Partner der Unternehmensführung, der nun zur kurz- und langfristigen Kosteneinsparung beiträgt.
Dabei treibt viele Unternehmen die Frage um: Wie schaffe ich ein Büro, das wie ein Mitarbeitermagnet funktioniert? Eine zentrale Lage mit ÖPNV-Anbindung ist sicherlich ein Plus. Noch wichtiger ist jedoch ein individuell angepasstes New-Work-Konzept, das auf die veränderten Anforderungen der Mitarbeitenden an ihre Arbeitsumgebung reagiert. Wie auch im vergangenen Jahr zeigt der Drees & Sommer Workspace Benchmark Report 2023, dass Mitarbeitende insbesondere für kollaborative Tätigkeiten und persönliche Interaktion ins Büro kommen. Somit sind anstelle von Einzelbüros mehr Flächen zur Zusammenarbeit sowie für den formellen und informellen Austausch gefragt. Ergänzt werden sie durch offene Arbeitsplätze und Rückzugsräume für Telefonate oder konzentrierte Einzelarbeit.
Wie sich ebenfalls in unserer Umfrage herauskristallisiert hat, nutzen Mitarbeitende, die zwei bis drei Tage pro Woche mobil arbeiten können, diese Möglichkeit gern. Mitarbeitende, die diese Möglichkeit an vier bis fünf Tagen pro Woche haben, arbeiten in der Regel jedoch trotzdem nur drei Tage pro Woche mobil. Das zeigt: Mitarbeitende, die auch zu Hause bleiben dürfen, kommen gern ins Büro. Denn das moderne Büro leistet, was das Homeoffice nicht kann: Es ist ein Ort für Kommunikation und Begegnung. Wie in einem Flagship Store erleben die Mitarbeitenden vor Ort die Arbeitgebermarke und tanken emotional auf. Auch vor dem Hintergrund des Wettbewerbs um Talente erhält das Büro damit eine zusätzliche wichtige Rolle als Aushängeschild und Recruiting-Instrument. Unternehmen, die auf Flexibilität, räumliche Ausstattung und Kultur Wert legen, zählen zu den Vorreitern und schaffen sich eine hohe Arbeitgeberattraktivität.
Was bleibt, ist die Frage nach dem Leerstand. JLL errechnete ein Potenzial von rund 20.000 Wohnungen bis 2025 in den sieben Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart. Bei der Umnutzung von Büros zu Wohnraum gibt es jedoch zahlreiche Hürden. Aus ökologischer Perspektive sind Sanierung und Umbau dennoch stets Abriss und Neubau vorzuziehen.