Mittlerweile ist eine Vielzahl von Tätigkeiten sowohl im Homeoffice als auch im Firmenbüro möglich. Der Arbeits- und Organisationspsychologe Prof. Dr. Hartmut Schulze geht der Frage nach, welche Arbeitsorte Mitarbeitende aktuell warum, wann und wie lange bevorzugen.
Die intensive Beschäftigung mit dem Homeoffice in den vergangenen Jahren hat zu einer deutlichen Verbesserung der technischen Ausstattung geführt. Noch vor zwei Jahren galt die Gleichung: konzentrierte Stillarbeit vorwiegend im Homeoffice und jede Art von Meeting und Zusammenarbeit im Büro. Die Erfahrungen bei der Durchführung von Onlinemeetings von zu Hause führten dazu, dass nun auch Kreativmeetings und Workshops auf diese Art gelingen können.
Je nach Arbeitsinhalten
In eigenen Studien an der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW in der Schweiz hat sich die Art der Aufgabe und Tätigkeit von Mitarbeitenden in Unternehmen als ein zentrales Entscheidungskriterium für die Wahl des Arbeitsortes herausgestellt. Konzentrierte Stillarbeit (Deep Work) wird stärker im Homeoffice verortet, sollte aber auch im Office durch entsprechende Räumlichkeiten unterstützt werden. Zusammenarbeit, anspruchsvolle Meetings und der spontane Austausch (informelle Begegnungen) sind leichter im Büro möglich als von zu Hause. Größere Blöcke von Stillarbeit oder Onlinemeetings in kurzen Zeitabständen legen Homeoffice nahe, kreative Zusammenarbeit gefolgt von informellen Anlässen hingegen die Präsenz im Unternehmen.
Ausstattung entscheidet
Ungestörtes Arbeiten von zu Hause an einem individuellen Arbeitsplatz hat positive Effekte auf Wohlbefinden und Produktivität. Fehlt es im Büro an adäquaten Räumlichkeiten, zum Beispiel für Onlinemeetings mit remote arbeitenden Kollegen, kann dies ein weiterer Grund für das Homeoffice sein. Umgekehrt stellen gut gestaltete Arbeits- und Sozialzonen überzeugende Anreize für den Gang in die Bürolandschaft vor Ort dar. In einer Studie konnten wir zeigen, dass die Häufigkeit und Qualität von Kontakten wichtiger für die Identifikation mit dem Team und der Organisation ist als die Anwesenheit am Arbeitsplatz vor Ort.
Individuelle Vorlieben
Persönliche Präferenzen zum Beispiel bei Trennung oder Integration der verschiedenen Lebenswelten spielen ebenfalls eine Rolle. Längere Anreisezeiten gehen einher mit etwas häufigerem Homeoffice. In die Entscheidung fließen auch Kompetenzen wie das Selbstmanagement ein. So fällt es manchen Mitarbeitenden im Büro leichter, kreativ und produktiv zu sein. Andere bevorzugen dafür eine privatere Atmosphäre.
Neben den betrieblichen Notwendigkeiten und den Erfordernissen der Arbeitsaufgaben spielen die Arbeitsbedingungen im und außerhalb des Betriebes, die Unternehmenskultur sowie die persönlichen Präferenzen der Beschäftigten eine Rolle bei der Wahl des Arbeitsortes. Mitarbeitende und Teams sollten in Abstimmung mit ihren Führungskräften gemeinsam Lösungen zum Beispiel in Form von Team-Chartas entwickeln, ausprobieren und mit der Zeit anpassen. Damit kann die sich nebenbei entwickelnde Kompetenz „Wahl des richtigen Arbeitsorts für die jeweilige Aufgabe“ gefördert werden.
Prof. Dr. Hartmut Schulze, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie, |