Wie lässt sich digitale Transformation im unternehmerischen Alltag umsetzen? Die Publizistin Dr. Alexandra Hildebrandt beschreibt, welche digitalen Maßnahmen den Wandel zu einer neuen Arbeits- und Unternehmenskultur beschleunigen.
Das Modellprojekt Family-NET 4.0 hat sich zum Ziel gesetzt, Unternehmen über eine familienbewusste und lebensphasenorientierte Personalpolitik zu informieren, die vor allem über die Chancen der Digitalisierung erreicht werden kann. Aufgezeigt werden auch Chancen und Möglichkeiten digitaler Lösungen für eine familienbewusste Unternehmenskultur. In 20 Innovation Labs und Workshops wurden gemeinsam mit rund 100 Personalverantwortlichen aus verschiedenen Branchen und Unternehmensklassen konkrete Lösungsansätze für eine familienbewusste Unternehmenskultur 4.0 entwickelt. Zu den zentralen Handlungsfeldern gehörten:
- mobile Arbeit und Homeoffice,
- Führung 4.0 und flexible Teamstrukturen,
- Personal- und Organisationsentwicklung,
- Gesundheitsprävention und Work-Life-Balance sowie
- agiles und lebensphasenorientiertes Arbeiten.
Die Ergebnisse der Arbeit finden sich im Leitfaden „Digitales familienbewusstes Unternehmen“, der Unternehmen darin unterstützen soll, die Herausforderung im Transformationsprozess beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der digitalisierten Arbeitswelt zu gestalten. Gefördert wurde das Modellprojekt vom Wirtschaftsministerium mit rund 346.000 Euro (Zeitraum: 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2019). Kooperationspartner waren die Arbeitgeberverbände Südwestmetall und Chemie Baden-Württemberg sowie der Landesfamilienrat Baden-Württemberg. Projektträger war die BBQ Bildung und Berufliche Qualifizierung gGmbH, ein Unternehmen des Bildungswerks der Baden-Württembergischen Wirtschaft e. V.
Modellprojekt verleiht Auszeichnungen
Zum Abschluss des Modellprojekts wurden Unternehmen aus Baden-Württemberg für ihre digitalen, familienbewussten und lebensphasenorientierten Angebote ausgezeichnet. Einer der beiden Nominierten in der Kategorie von 51 bis 249 Beschäftigten war der süddeutsche Druckluft- und Pneumatikspezialist Mader, der mit 80 Mitarbeitern zu den erfolgreichen mittelständischen Unternehmen in Baden-Württemberg gehört.
Im Rahmen der Preisverleihung „family-NET 4.0 – Unternehmenskultur in einer digitalen Arbeitswelt“ betonte Katrin Schütz, Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, dass sich im Zuge der Digitalisierung „ganz neue Potenziale zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ eröffnen, denn „zeitlich und örtlich flexible Arbeitsmodelle spielen für Fach- und Führungskräfte eine immer wichtigere Rolle bei der Wahl ihrer Arbeitgeber.“ Sie können mit kreativen Lösungen ihre Attraktivität im Wettbewerb um Fachkräfte steigern und sich als familienbewusste Unternehmen positionieren.
Persönliche Situationen und Lebensbedingungen berücksichtigen
Bei der Realisierung von individuellen Arbeitszeitmodellen sieht Carolin Lenz, Personalreferentin bei Mader, das Unternehmen bereits heute gut aufgestellt: „Wir haben mit vielen Mitarbeiter sehr individuelle Arbeitszeitmodelle vereinbart. Durch die technischen Möglichkeiten ist es heute zum Beispiel deutlich leichter, mobil zu arbeiten.“ Flexible Arbeitszeitmodelle (Homeoffice, Gleitzeitregelungen und Teilzeitangebote) sorgen auch dafür, dass sich Menschen heute viel leichter für ein Unternehmen entscheiden und die Karriere mit der Familienplanung verbinden können. Starre Lösungen machen allerdings keinen Sinn – wichtiger ist, immer wieder das Gespräch zu suchen und gemeinsam Lösungen zu finden, die persönliche Familien- und Lebenssituationen berücksichtigen.
Team begleitet Prozesse der Digitalisierung
Der Druckluftspezialist hat bereits vor einiger Zeit die Weichen gestellt, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern und sie entsprechend nachhaltig zu nutzen. Dazu gehört auch die Schaffung einer Stelle „Change Management“, die maßgeblich zu einem Umfeld beiträgt, das eine Kultur der Digitalisierung entstehen lässt. Dazu gehört der Aufbau eines Führungsteams, das die Prozesse der Digitalisierung zentral begleitet und Informationen in das Unternehmen kommuniziert, die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie, die Definition konkreter Ziele und Zeitfenster sowie die Eruierung von Arbeitsabläufen, welche den geplanten Wandel und den Prozess der Digitalisierung bremsen könnten.
Neue Software allein reicht nicht
Im Rahmen des Projekts sollen auch neue Arbeitsweisen gefördert werden. Unterstützt wird das unter anderem durch die Einführung der Kollaborations- und Kommunikationssoftware Office 365. Das ist allerdings nur ein Baustein der Unternehmensstrategie. „Gleichzeitig gilt es, zum Beispiel, Rollen im Unternehmen neu zu definieren und die Zusammenarbeit entsprechend zu gestalten. Neue Software-Tools allein reichen da nicht“, so Kästle. Technik kann den Prozess nur unterstützen. Am Ende sind die Strategie und Vorgabe der Unternehmensleitung wichtig, denn nur durch sie kann ein Umdenken stattfinden, können die Verhinderer des Wandels überzeugt und Maßnahmen ergriffen werden, die dazu beitragen, dass sich die Arbeitswelt nachhaltig verändert.
Literatur:
Ulrike Böhm: „Die Macht der kleinen Schritte. Wie man als mittelständisches Unternehmen zum Klimaretter wird“. In: Alexandra Hildebrandt (Hg.): „Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen“, SpringerGabler, 2020.
Ulrike Böhm: „Wie ein Mittelständler zum „Klimaretter“ wird – die Fortsetzung der Geschichte zum Mader-Effekt“. In: Alexandra Hildebrandt/Werner Landhäußer (Hg.): „CSR und Energiewirtschaft“, SpringerGabler, 2020.
Dr. Alexandra Hildebrandt, Publizistin, Wirtschaftspsychologin und Nachhaltigkeitsexpertin. Twitter: @AHildebrandt70 Foto: Steffi Henn |