Der digitale Wandel ist ein dynamischer Prozess, bei dem es darum geht, wie schnell man sich weiterbewegen und Dinge verändern kann. Was dabei ein Interimsmanager bewirken kann, erklärt die Publizistin und Wirtschaftspsychologin Dr. Alexandra Hildebrandt.
Im Zeitalter der Digitalisierung geht es immer auch um Selbstbestimmung, um das Aufbrechen von Routinen und den Umgang mit Veränderungen, also der Bereitschaft, neue Chancen zu suchen und mit Mut und kalkuliertem Risiko auch einmal andere Wege zu gehen.
Manager auf Zeit zur Überbrückung
Der Interimsmanager wird in diesen Zeiten zum Symbol des „Vorübergehenden“, der temporär tatsächlich helfen kann und von dem eine Kraft und Botschaft ausgeht, die inspiriert und motiviert, weil die Stärken des zeitlich Befristeten sichtbar werden. „Durch den vermehrt auftretenden Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, wovon auch das Top-Management betroffen ist, werden verstärkt Manager auf Zeit zur Überbrückung eingesetzt, bis für die relevanten Positionen/Vakanzen geeignetes Personal zur langfristigen Einstellung gefunden worden ist – zur temporären Abdeckung von Arbeitsspitzen oder im Fall des plötzlichen Ausfalls zum Beispiel des geschäftsführenden Gesellschafters (Generationenwechsel)“, sagt der Unternehmer und Personalexperte Werner Neumüller.
Häufig Einsatz im Rahmen von Projekten
Vor einigen Jahren wurden Interimsmanager vor allem mit Krisenmanagement in Verbindung gebracht, „zur Überbrückung von personellen Ausfällen und zeitweise als Bereichsleitung eingesetzt, um einen Unternehmensteil zu sanieren“, so der Personalexperte. Ihnen haftete deshalb der Begriff Feuerwehr oder Task-Force an, der mit einer Umstrukturierung oder Schließung und Abwicklung eines Unternehmens verbunden ist. In jüngerer Zeit werden Interimsmanager verstärkt im Rahmen von Projektarbeit eingesetzt, „wenn die eigenen Kapazitäten des jeweiligen Unternehmens nicht ausreichen. Gleiches gilt für Spezialthemen, für die ein Unternehmen Kapazitäten nicht auf Dauer vorhalten muss“.
Problemlöser von außerhalb
Ein Interimsmanager kommt und geht als Fremder, wahrt Distanz, denkt als Externer vor allem an den Prozess, stellt sich selbst nicht in den Mittelpunkt und hinterlässt etwas Nachhaltiges: eine handfeste Lösung in der Praxis und nicht nur vage Formulierungen auf dem Papier. Denn er ist ausdrücklich dafür zuständig, dass Dinge umgesetzt werden, was nicht immer einfach ist, weil die Einarbeitungszeit häufig knapp bemessen ist.
Interim-Management ist eine Art des betriebswirtschaftlichen Managements, das zuweilen auch Management-auf-Zeit (MAZ) genannt wird und zeichnet sich durch Vielseitigkeit und Verantwortung aus: So übernehmen Interimsmanager die Ergebnisverantwortung für ihre Arbeit in einer Linienposition und verlassen das Unternehmen, sobald das Problem gelöst und eine stabile neue Unternehmens- oder Bereichsführung etabliert ist. Als Externe nehmen sie eine neutrale Position ein.
Vermittlung über persönliche Netzwerke
In Deutschland ist Interim-Management noch immer vorwiegend im Bereich größerer mittelständischer und industrieller Unternehmen angesiedelt. „Die meisten Interim-Einsätze werden über persönliche Netzwerke vermittelt und nur etwa 20 Prozent durch Interim-Management-Provider. Aber auch einzelne Handwerkskammern bieten solche Kontakte für ihre Kammermitglieder mit Zielrichtung Unternehmensnachfolge und EU-Ausrichtung an“, sagt Werner Neumüller. „Auch Nachwuchskräfte ab Mitte dreißig sind im Markt vertreten“, bestätigt er. Allerdings weist er auch darauf hin, dass die Bandbreite im Interim-Management wesentlich weiter reicht – „bis zu absolut erfahrenen Fachleuten und Spezialisten oder Generalisten mit langjähriger praktischer Branchenerfahrung und Bewährung in schwierigen Situationen, die für das Unternehmen ein Glücksfall sind.“
Interimsmanager als Perspektivenwechsel
Häufig werden erfahrene Manager im Interim-Umfeld tätig, die bereits in verschiedenen Unternehmen als Führungskraft oder als Gesellschafter/Unternehmer erfolgreich tätig waren und sich neuen Herausforderungen oder Abwechslungen stellen wollen. Aufgrund ihres Erfahrungswissens stellen sie für den Auftraggeber sicher eine Bereicherung dar. Daher sollten sich heute mehr für den Job des Interimsmanager interessieren, weil niemand mehr einfach bis zur Rente nur seinen einen Job nach Vorschrift machen kann, sondern möglichst kreativ überlegen muss, wie er seine Ziele auch in komplexer werdenden Zeiten erreicht.
Sich mit Interim-Management zu beschäftigen, kann dazu beitragen, auch unsere Zeit besser zu verstehen und das eigene Denken und Handeln neu auszurichten, weil nichts bleibt, wie es war – und wir dennoch nicht orientierungslos durchs Leben steuern können.
Weiterführende Informationen:
- Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.
Dr. Alexandra Hildebrandt,
Publizistin, Wirtschaftspsychologin und Nachhaltigkeitsexpertin. Twitter: @AHildebrandt70 Foto: Nicole Simon |