Das Büro durchlebt einen grundlegenden Wandel. Es erhält neue Funktionen und steht vor neuen Herausforderungen. Das Beratungs- und Planungsstudio loop aktiviert Orte und entfesselt deren Potenzial. In seiner dritten Kolumne geht es um die Krise als Chance. Von Veit Knickenberg.
Ja – gute Orte könnten überall sein. Doch nach über fünf Jahren intensiver Arbeit am Placemaking muss ich leider sagen, dass gute Orte aktuell eher noch rar sind. Meist finden wir rein kommerziell getriebene, schnelllebige und oberflächliche Konzepte vor.
Projektentwicklungen und Investitionen folgen einer eigenen Logik. Die Marktsituation der letzten Jahre hat es möglich gemacht, dass nahezu jede Fläche vermietet wurde. Bauen wurde zum Brezelbacken. Ganzheitliche Qualität spielte dabei nur eine untergeordnete Rolle. Konzepte entstehen stets im Spagat zwischen dem, was Nutzende aus einer Vermarktungssicht vermeintlich wollen, und dem, was sie wirklich wollen. Für eine entsprechende Auseinandersetzung fehlt die Zeit. Hinzu kommt, dass architektonische Qualität oft unter der reglementierten Bau- und Planungswelt leidet, immer unter dem Damoklesschwert von ESG-Kriterien und in einem Dschungel an Nachhaltigkeitszertifikaten.
Und nun haben wir die „Krise“. Projekte stehen still, Investitionen erfolgen nur zögerlich. Wenn man der Presse folgt, bekommt man das Gefühl, dass wir uns in einer Schockstarre und postpandemischen Lähmung befinden, erdrückt von hohen Zinsen und politischer Unsicherheit. Man kann sich diesem Stimmungsbild hingeben oder wir verstehen unsere Zeit als eine Phase des Umbruchs und der Neuausrichtung und leben die Überzeugung, dass die beste Zeit für gute Orte und fundierte Konzepte genau jetzt beginnt.
Nach den Herausforderungen der letzten Jahre suchen Menschen und Gemeinschaften nach Stabilität, Qualität und echten Erlebnissen. Dies bietet eine einzigartige Gelegenheit, durchdachte und nachhaltige Nutzungskonzepte zu entwickeln, die tatsächlichen Bedürfnissen entsprechen und langfristig bestehen können.
Die Krise hat die Schwächen vieler bestehender Konzepte offengelegt, besonders jener, die auf kurzfristige Profite und oberflächliche Attraktivität setzen. Es wächst der Wunsch nach Orten, die authentisch sind, eine starke Identität haben und echte Mehrwerte bieten.
Zusätzlich haben technologische Fortschritte und ein gesteigertes Bewusstsein für Umwelt- und Sozialverantwortung den Weg für innovative Ansätze im Placemaking geebnet. Konzepte, die Nachhaltigkeit, Gemeinschaft und langfristige Planung in den Mittelpunkt stellen, können sich jetzt besser durchsetzen.
Gerade in dieser Zeit braucht es Nutzungskonzepte mit einem ganzheitlichen Blick auf den Ort, die Nachbarschaft, die Menschen, das Angebot und die Zukunft. Es braucht Visionen und Identität. Es braucht Mut und Kreativität. Es können Orte entstehen, die wirklich lebendig sind.
Potenziale aufzudecken und noch unbekannte Angebote zu kuratieren – das ist der erste Schritt. Es geht darum, die versteckten Schätze einer Location zu entdecken und ans Licht zu bringen. Indem das Besondere und Einzigartige eines Ortes betont wird, können wir Begehren entstehen lassen. Menschen werden neugierig, wollen mehr erfahren und erleben. So entsteht ein Sog, der begeistert und anzieht.
Gute Orte bieten Raum – Raum, in dem sich Nutzende und Betreibende weiterentwickeln und austoben können. Dieser Raum ist nicht nur physisch, sondern auch kreativ und emotional. Er ermöglicht es, dass sich eine Identität formt, die weit über das Offensichtliche hinausgeht. Dass eine Marke entsteht, die für Qualität, Innovation und Gemeinschaft steht.
Ein weiteres entscheidendes Argument ist die Wirtschaftlichkeit. Die Baukosten für solche durchdachten Konzepte steigen nicht exponentiell, aber die mögliche Rendite tut es. Denn mit zunehmender Bekanntheit und zunehmenden Erfolg steigt der Ertrag. Ein erfolgreicher Ort zieht mehr Menschen an, was wiederum zu höherem Umsatz und größerer Resonanz führt – ein positiver Kreislauf.
Das alles erfordert Ausdauer und konsequentes Aufrechterhalten der Qualität. Nur so zahlt es sich aus. Die Resultate sind resiliente Orte, die sich von der Masse abheben. Orte, die nicht nur bestehen, sondern florieren und inspirieren.
Sie sind das Resultat von Engagement, visionärem Denken und dem Willen, über den Tellerrand hinauszuschauen. Das kann nicht jeder. Es erfordert Vision, Mut und die Fähigkeit, ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen und aller Stakeholder zu entwickeln. Dies gilt es, in herausragende Konzepte zu übertragen. Es ist an der Zeit, diese Herausforderung anzunehmen und die Städte und Gemeinden, in denen wir leben, aktiv zu gestalten. Jetzt ist der Moment, um neue, bessere Orte zu schaffen – für uns und für zukünftige Generationen.