Die Angehörigen der Generation Z sind die ersten wirklichen Digital Natives. Der Keynote-Speaker und Deutsche Meister im Public Speaking Felix Behm erklärt, warum diese Generation gerade den Arbeitsmarkt umkrempelt und was Unternehmen lernen müssen, um diese jungen Talente für sich zu gewinnen.
Phänomen Generation Z – keine Generation hat uns bisher so beschäftigt wie die heute 14- bis 28-Jährigen. Sie stellen den Arbeitsmarkt auf den Kopf und äußern Wünsche, bei denen Arbeitgeber oft ungläubig den Kopf schütteln. „Sollen wir die jetzt auch noch ins Bett bringen?“, rief jemand in meinem letzten Vortrag. Die Antwort ist ein klares Nein. Trotzdem machen zwei Zahlen nachdenklich: Gerade einmal elf Millionen Menschen der jungen Generation – geboren zwischen 1995 und 2010 – sollen derzeit rund 20 Millionen Babyboomer ablösen, die in den nächsten Jahren in Rente gehen. Ein Ding der Unmöglichkeit.
Und nicht nur deshalb widerspreche ich den Stimmen, die behaupten, die Generation Z sei auch nicht anders als die anderen Generationen vor ihr. Denn das ist sie. Und zwar in vielerlei Hinsicht. Das fängt schon damit an, dass die Z-ler so wenige sind.
Der Arbeitgebermarkt wird zum Arbeitnehmermarkt
Die Generation Z krempelt den Arbeitsmarkt von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt um. Während die Generationen Y, X und Babyboomer es gewohnt waren, auf ihre Bewerbungen viele Absagen und nur wenige Zusagen zu bekommen, können sich junge Menschen schon beim Einloggen in LinkedIn nicht vor Jobangeboten diverser Unternehmen und Headhunter retten.
Ein weiterer Unterschied zu anderen Generationen wird deutlich, wenn wir uns fragen, wie die jungen Menschen heute eigentlich ticken. Die 14- bis 25-Jährigen sind voll und ganz digital aufgewachsen. Keine Generation vor ihnen hat so viel Zeit am Smartphone verbracht wie die Angehörigen der Generation Z seit ihrem zehnten oder elften Lebensjahr. Und wer jetzt behauptet, dass – im Bundesdurchschnitt – sechs bis acht Stunden Smartphone-Nutzung pro Tag sich nicht prägend auf Werte und Wünsche im Job und Alltag auswirken, der wird wahrscheinlich noch nicht viel mit dieser Generation Z zu tun gehabt haben. Denn aus diesem Grund werden sie auch „Digital Natives“ genannt.
Wer sich also in Personalabteilungen, im Recruiting oder in Unternehmensberatungen fragt, wieso es so schwierig ist, muss schlichtweg dazulernen. Unternehmen stehen vor einer großen Herausforderung. Sie müssen sich fragen: Was können wir tun, um auch zukünftig noch genügend Fachkräfte für unser Unternehmen zu gewinnen und langfristig zu binden? Als ich vor einigen Jahren vor dieser Aufgabe stand, stellte ich es mir deutlich einfacher vor, als es wirklich war. Ich war Personaler in Führungsfunktion in der Gesundheitsbranche und dachte leichtgläubig, irgendwie schon noch genügend junge Menschen für eine Ausbildung begeistern zu können. Doch erst als die Bewerbungen immer weniger wurden und ich die offenen Stellen nicht mehr besetzen konnte, habe ich mich wirklich mit dieser Generation auseinandergesetzt und mich damit beschäftigt, was sie wirklich wollen. Ich glaube, dass drei wesentliche Bausteine für die Mitarbeitergewinnung entscheidend sind. Sie bilden das Fundament, das bei jedem sogenannten „Top-Arbeitgeber“ beziehungsweise „Top-Ausbildungsunternehmen“ wiederzufinden ist.
#1 Arbeit, die wirklich Sinn stiftet
Sind Mitarbeitende nur Nummern oder Teil des Unternehmens? Wird ihnen ein Vertrauensvorschuss oder ein Misstrauensvorschuss gegeben? Weiß die jeweilige Person, warum sie das, was sie gerade tut, tut? Welche Prozesse dahinterstehen? Bearbeitet diese Person einen Stein oder errichtet sie eine Kathedrale? Auch Themen wie Nachhaltigkeit und soziales Engagement lassen sich zusammen mit den „Digital Natives“ im Unternehmen integrieren. Es muss ein „Purpose“, wie wir auf Neudeutsch sagen, gegeben sein, um wirklich zu erkennen, warum ich in diesem Unternehmen langfristig arbeiten soll.
#2 Wertschätzung (mit Kuschelfaktor)
Einige werden jetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn sie „Kuschelfaktor“ lesen. Aber denken Sie kurz nach. Wie ist denn die Generation Z aufgewachsen? Die Generation Z ist mit Likes aufgewachsen. Ungefähr seit ihrem zehnten Lebensjahr – jeden Tag und 24 Stunden. Das prägt eine ganze Generation. Führen Sie deshalb regelmäßige Feedback- und Entwicklungsgespräche ein, um „Z“ zu zeigen, dass Sie für sie da sind.
#3 Perspektiven
Was tut mein Unternehmen, damit ich in ein paar Jahren noch marktgängig bin? Genau diese Frage stellt sich ein junger Z-ler bewusst oder unbewusst, wenn er sich nach der Schule zwischen unzähligen Job-Angeboten entscheiden muss.
Die Generation Z gilt als ungeduldig. Aber die Welt verändert sich immer schneller. Also finden Sie Antworten auf die Fragen der Z-ler: Wie zukunftssicher ist mein Unternehmen und Beruf? Welche Weiterbildungsbausteine gibt es für mich nach der Ausbildung und welche „Level“ erreiche ich zu welchem Zeitpunkt in meiner Ausbildung? Denn die meisten Unternehmen haben noch nicht mal einen ordentlichen Ausbildungsplan für ihre Azubis.
Junge Menschen beschäftigen sich mit der Arbeitswelt oft auf eine andere Art als wir es getan haben und auch heute noch tun. Sie erlauben sich aber auch als erste Generation, den Mund aufzumachen und Dinge auszusprechen, die viele bereits vor ihnen gedacht haben – einfach, weil sie es können. Sie hinterfragen Unternehmensstrategien und kritisieren oft Führungsstrukturen. Sie wollen sich einbringen. Und dabei brauchen sie die älteren Generationen genauso wie wir die Stärken und Fähigkeiten der Digital Natives benötigen.
Wer Z heute belächelt, wird es bereits morgen bereuen. Denn eines ist klar: Auch diese Generation wird erwachsen, und zwar schneller als wir TikTok sagen können. Also beschäftigen Sie sich mit ihnen, gehen Sie ins Gespräch und finden Sie heraus, wie Sie gemeinsam voneinander lernen können.
Felix Behm,
Felix Behm ist Generation-Z-Experte, Keynote-Speaker und Buchautor. |