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Work-Life-Blending: Friede, Freude, Flexibilität?

Die Fle­xi­bi­li­sie­rung der Arbeits­welt hat nicht nur Befür­wor­ter. Wir spra­chen mit Dr. Chris­ti­an Scholz über die Gefah­ren von Work-Life-Blen­ding, über fle­xi­bles Arbei­ten bei der Gene­ra­ti­on Z und dar­über, wie man es ver­mei­den kann, sich in den neu­en Arbeits­mo­del­len aufzureiben.

Work-Life-Blending soll entlasten, kann aber auch leicht das Gegenteil bewirken. Foto: Pexels

Work-Life-Blen­ding soll ent­las­ten, kann aber auch leicht das Gegen­teil bewir­ken. Foto: Pexels 

Das Buch zum The­ma: Chris­ti­an Scholz: „Mogel­pa­ckung Work-Life-Blen­ding. War­um die­ses Arbeits­mo­dell gefähr­lich ist und wel­chen Gegen­ent­wurf wir brau­chen“, a href=„http://www.wiley-vch.de/de/“ target=„_blank“>Wiley, 230 S., 19,99 €.

OFFICE ROXX: Herr Professor Scholz, in Ihrem neuen Buch warnen Sie vor Work-Life-Blending, dem fließenden Übergang von Arbeit und Freizeit. Wie stellt sich dieses Verschwimmen für Sie dar?

Chris­ti­an Scholz: Work-Life-Blen­ding ist ein Trend, bei dem sich Gren­zen auf­lö­sen. Einer­seits greift der Beruf ver­mehrt ins Pri­vat­le­ben ein. Dies beginnt mit dem Lesen von E-Mails am Wochen­en­de und geht über das Bear­bei­ten von Anfra­gen am Abend bis hin zu Sky­pe-Kon­fe­ren­zen im Urlaub. Auf der ande­ren Sei­te ver­su­chen Unter­neh­men, die Gren­zen flie­ßend zu gestal­ten, indem sie die Mit­ar­bei­ter mög­lichst lan­ge ins Büro locken: gemein­sa­mes Früh­stück und After-Work-Meeting.

Was ist falsch an diesem neuen Arbeitsmodell? Sie nennen es eine Mogelpackung.

Für Unter­neh­men ist kurz­fris­tig nichts ver­kehrt. Betriebs­wirt­schaft­lich aus­ge­drückt: Die Res­sour­ce Mit­ar­bei­ter wird maxi­mal genutzt, weil sich der Beruf kom­plett ins Pri­vat­le­ben ein­schleicht. Dem Mit­ar­bei­ter wird sug­ge­riert, dass dies für ihn maxi­ma­le Sou­ve­rä­ni­tät bedeu­tet: Arbei­ten im Café und je nach Bio­rhyth­mus. Da beginnt die Mogel­pa­ckung: Denn in der Rea­li­tät ent­schei­det das Unter­neh­men, wann und wo die Arbeits­kraft benö­tigt wird.

Sie kritisieren insbesondere das Desk-Sharing.

Es gibt kaum gute Grün­de, eige­ne Schreib­ti­sche abzu­schaf­fen: Die Flä­che pro Mit­ar­bei­ter sinkt nicht dras­tisch, dafür aber die Arbeits­mo­ral. Mit­ar­bei­ter suchen nach Füh­rungs­kräf­ten und umge­kehrt, und alle nervt die täg­li­che Rei­se nach Jeru­sa­lem. Büros, die Acti­vi­ty-Based-Work sowie Krea­ti­vi­tät und Kom­mu­ni­ka­ti­on unter­stüt­zen, kann man unab­hän­gig vom Desk-Sha­ring realisieren.

Freiheit durch Flexibilität – das soll sich vor allem die Generation Z wünschen. Deren Symbol ist ein Kaktus.

Der Kak­tus ist Sym­bol für den eige­nen Arbeits­platz, der gera­de der Gene­ra­ti­on Z wich­tig ist. Und beson­ders sie wünscht sich Frei­heit durch Fle­xi­bi­li­tät. Aber hier sind wir wie­der bei der Mogel­pa­ckung: Unter­neh­men ver­spre­chen Fle­xi­bi­li­tät, mei­nen damit aber, dass der Mit­ar­bei­ter rund um die Uhr fle­xi­bel sein soll. Und das will die Gene­ra­ti­on Z nicht: Sie will eine kla­re Tren­nung zwi­schen Berufs- und Privatleben.

Wer ist verantwortlich für unser falsches Bild von den etwa ab 1990 Geborenen und von Work-Life-Blending?

Dass wir ein fal­sches Bild von die­ser Gene­ra­ti­on haben, glau­be ich nicht: Die meis­ten, die mit der Gene­ra­ti­on Z zusam­men­kom­men, erken­nen ihre Cha­rak­te­ris­ti­ka. Anders dage­gen beim Work-Life-Blen­ding: Dahin­ter steckt geschick­te Pro­pa­gan­da, also Framing. Natür­lich mer­ken Unter­neh­men, dass sie Schwie­rig­kei­ten bekom­men. Des­halb set­zen sie auf die Macht der Wor­te: Work-Life-Blen­ding ist vom Wort her etwas Schö­nes, denn „Abschaf­fen von Pri­vat­le­ben“ klingt weni­ger gut.

Mit Arbeitswelt 4.Z formulieren Sie einen Gegenentwurf zum Modell Work-Life-Blending. Was verbirgt sich dahinter?

Bei die­sem Ent­wurf geht es um Arbeits­zeit, -ort und -ver­hält­nis, zu ver­ste­hen als Ant­wort auf die Her­aus­for­de­rung der Indus­trie 4.0, inklu­si­ve Ideen, die zum Teil aus der Gene­ra­ti­on Z kom­men. Wir brau­chen Struk­tu­ren, die den Men­schen Pla­nungs­si­cher­heit für ihr Pri­vat­le­ben geben. Die aktu­ell gefor­der­ten Frei­heits­zo­nen ohne Arbeits­recht und Mit­be­stim­mung sind wenig hilf­reich. Auch ist es aus mei­ner Sicht ver­kehrt, aty­pi­sche Arbeits­ver­hält­nis­se als Norm für die Zukunft zu sehen und gere­gel­te Arbeits­zei­ten als üblen Wett­be­werbs­nach­teil. Arbeits­welt 4.Z ist sicher­lich ein umfang­rei­ches und dis­ku­tier­ba­res Konzept.

Sollte mehr in Coworking-Spaces als in Home-Offices gearbeitet werden?

Home-Office-Tage sind und blei­ben wich­tig, sind es aber nur für weni­ge Beschäf­tig­te. Unab­hän­gi­ge Ein­zel­un­ter­neh­mer wie Free­lan­cer etc. wird es des­halb eher in Cowor­king-Spaces zie­hen, Mit­ar­bei­ter von Unter­neh­men eher ins eige­ne Unter­neh­men. Und das ist auch im Inter­es­se der Unter­neh­men, die erkannt haben, dass per­sön­li­che Inter­ak­ti­on wich­tig und nicht durch Video­kon­fe­ren­zen ersetz­bar ist.

Was können Mitarbeiter selbst tun, um sich vor „gefährlicher“ Flexibilisierung zu schützen?

Sicher­lich nicht ein­fach das Han­dy aus­stel­len oder bei der E-Mail den Auto­re­spon­der auf „Bin nicht da“ set­zen. Viel­mehr mit dem Chef über die Pro­ble­me des Work-Life-Blen­ding spre­chen und dann im Team kla­re Regeln definieren.

Vie­len Dank für das Gespräch.

Die Fra­gen stell­te Robert Nehring.

 

 

Dr. Chris­ti­an Scholz hat einen Lehr­stuhl für Per­so­nal­ma­nage­ment an der Uni­ver­si­tät des Saar­lan­des in Saar­brü­cken inne.

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