Das Büro durchlebt einen grundlegenden Wandel. Es erhält neue Funktionen und steht vor neuen Herausforderungen. Das Beratungs- und Planungsstudio loop aktiviert Orte und entfesselt deren Potenzial. Diesmal wird ein gedanklicher Neustart empfohlen von Dr. Laura Kienbaum.
Aktuell vergeht gefühlt kaum eine Woche ohne öffentlichkeitswirksame „RTO – return to office“-Verlautbarungen. Insbesondere die Ankündigung einer großen deutschen Bank, dass ihre Führungskräfte wieder an vier Tagen im Büro zu arbeiten haben und dass Homeoffice an Montagen und Freitagen nicht mehr zulässig sei, führte zu großem Aufschrei – bei nahezu allen Mitarbeitenden. Wenn man uns fragt: zu Recht! Ein Weg in die Zukunft kann nicht auf den ausgetretenen Pfaden der Vergangenheit erfolgen. Das heißt aber auch, dass Tätigkeiten, die ortsunabhängig erledigt werden können, neue Formate und Regeln benötigen und Unternehmen nicht hartnäckig an veralteten Strukturen festhalten können.
Der Hauptgrund für den Ruf zurück ins Büro liegt meist darin begründet, dass viele Organisationen und Führungskräfte noch nicht durchgängig ein neues Führungsverständnis entwickeln und etablieren konnten. Die langfristige Bindungswirkung von Immobilien stellt einen anderen Aspekt dar, der zwar nicht offen kommuniziert, aber nicht zu unterschätzen ist. Trotz geringer Auslastung wird am Bestand unverändert festgehalten. Frei nach dem Motto: Jetzt sind die Flächen da, dann müssen wir sie auch nutzen! Als Narrativ für die Mitarbeitenden greift dieses Argument ganz offensichtlich nicht.
Während wir diese Aspekte und Gründe für den Ruf zurück ins Büro grundsätzlich nachvollziehen können, stellen wir uns die Frage, wie sich die Situation darstellen würde, wenn ein Unternehmen aktuell keine Immobilien hätte, weder im Eigentum noch angemietete Flächen. Wie würde ein Unternehmen die Frage nach Lage, Quantität und Qualität der Bürofläche dann beantworten? Welches Büro würde eine Organisation realisieren, wenn sie bisher keines hätte? Jetzt mögen Sie einwenden, das sei ein hübsches Gedankenspiel, funktioniere aber doch nur bei Neugründungen, Start-ups oder Unternehmen, die ohnehin, auch schon vor der Pandemie, kein Büro hatten. Aus unserer Sicht ist dieser gedankliche Neustart aber auch für etablierte Organisationen hilfreich, um tradierte Denkmuster zu hinterfragen und so neue Arbeitswelten andenken zu können, die jenseits von bekannten Strukturen liegen. Immobilienmanager im Kontext des produzierenden Gewerbes stellen sich regelmäßig solche Fragen und spielen mögliche Optionen zunächst auf dem weißen Blatt Papier durch. Die Ergebnisse werden dann in einem zweiten Schritt auf bestehende Flächen und Gebäude übertragen.
Dies kann auch mit Blick auf das Büro der Zukunft sinnvoll sein. Die Perspektive auf ein Büro hat sich in allen Dimensionen verändert. Heute geht es nicht mehr nur um die Frage, wie viel Büro, sondern, welches Büro brauche ich für wen und wann. Was muss das Büro können? Sinn und Zweck des Büros müssen neu besetzt werden. Wir nehmen nicht nur „flight to quality“ in Bezug auf bessere Gebäude, sondern auch „flight to experience“ wahr. Vor der Pandemie konnte sich beispielsweise bei unserem Kunden Sparda-Bank in Berlin niemand vorstellen, dass eine Bank völlig ortsunabhängig arbeiten kann. Mobiles Arbeiten war die Ausnahme. Bankgeschäfte, Kundenkontakt und Verwaltung erforderten persönlichen Kontakt. Basierend auf den Erfahrungen im Lockdown gab man sich mutig der gedanklichen Freiheit hin und entwickelte die Arbeitswelt der Zukunft auf einem Whiteboard von Grund auf neu. So konnte ein mehrfach als innovativ ausgezeichnetes Konzept entstehen: die Präsenzstrategie. Obwohl die Mitarbeitenden vollkommen frei über ihren Arbeitsort entscheiden dürfen, sind die neuen Büros gut besucht. Kundenbeziehungen werden an unterschiedlichen Orten und in unterschiedlichen Formaten gepflegt. Die neu entstandenen Orte üben vor allem als Begegnungsorte große Anziehungskraft aus. Sie lassen Gemeinschaftsgefühl und Wirksamkeit unmittelbar erleben. Über die passende Mischung aus Kollaboration und Zugehörigkeit mit gemeinsamen Geschichten und Ritualen entsteht Identität. Außerdem wichtig: Das Ökosystem an Arbeitsplätzen geht über die Wände des eigentlichen Büros hinaus und bietet in der jeweiligen Umgebung Cafés, Bibliotheken und Außenbereiche als zusätzliche Orte, an denen die Mitarbeitenden arbeiten, sich treffen, Kontakte knüpfen und neue Energie schöpfen können.
Für uns bleibt zu sagen: Gute Orte sind magisch. Sie sind das Ergebnis harter Arbeit. Gute Orte fallen nicht vom Himmel. Sie zu realisieren braucht Mut, Klarheit und Geduld.