Ein Unternehmen, dass die sozialen Bedürfnisse seiner Mitarbeiter nicht berücksichtigt, wird in Zukunft wenig Chancen haben, erfolgreich zu bleiben, findet Dr. Alexandra Hildebrandt. Die Publizistin erklärt die Bedeutung und Auswirkung von gelebter Unternehmensdemokratie.
Es wäre in Zeiten der digitalen Transformation fatal, nur auf die damit verbundenen technischen Innovationen zu setzen. Denn wenn unser Verständnis und unser mentales Führungsmodell sowie die Gestaltung von Organisationen geändert werden – wenn der technischen Innovation keine soziale anbei gestellt wird –, gibt es keinen wesentlichen Fortschritt, sondern nur eine Vermehrung desselben, weil die neuen Technologien im alten Mindset angewendet werden. „Die Demokratisierung der Arbeit ist eine mögliche soziale Innovation, die zukünftig weitreichende disruptive Innovationen ermöglicht“, schreibt der Autor und Unternehmensberater Andreas Zeuch im Sammelband „CSR und Digitalisierung“.
Die vielen Vorteile der Unternehmensdemokratisierung
Unternehmensdemokratie beginnt bereits bei der Personalsuche und -einstellung. Sie lebt von der „Belegschaft, also von allen Angestellten eines Unternehmens, von der Geschäftsführung bis zum Pförtner“. Das ist ein wichtiges Fazit des Buchs „Alle Macht für Niemand. Aufbruch der Unternehmensdemokraten“ von Andreas Zeuch. Die positiven Nebenwirkungen belegt er mit vielen Fallbeispielen: mehr Arbeitszufriedenheit, bessere Mitarbeiterbindung und Identifikation, höhere soziale Verantwortung, Steigerung der Innovationskraft, Steigerung der Anpassungsfähigkeit und mehr Resilienz in dynamischen Märkten.
Zeuch widerlegt auch die Aussage, dass sich langjährig bestehende Unternehmen nicht demokratisieren könnten und zeigt, dass zahlreiche agile Unternehmen den Wandel erfolgreich zu ihrem Vorteil und zum Vorteil der Menschen, die für sie tätig sind, geleistet haben. Das hat nichts mit der Abschaffung von Hierarchien zu tun. So zeigte sich in der Organisationsforschung immer wieder, dass Versuche, sie dauerhaft abzuschaffen, misslungen sind. Denn trotz der abgebauten formalen Hierarchien bildeten sich informelle.
Führen und Folgen basiert auf Vertrauen, Glaubwürdigkeit und echten Kompetenzen. Dann haben Mitarbeiter auch kein Problem mit einem hierarchischen Führungsstil.
Wie der demografische Wandel die Arbeitswelt verändert
Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen haben zunehmend Probleme, benötigte Fachkräfte zu rekrutieren. Deutschland muss darauf die richtigen Antworten finden. Zudem kann es sich eine alternde Gesellschaft nicht leisten, auch in ihrer Mentalität alt zu werden. Was es braucht, sind zukunftsfähige Organisationen mit entsprechenden kulturellen Rahmenbedingungen, unter denen sich Menschen nachhaltig entwickeln können.
„Deshalb ist es wichtig, schon jetzt zu planen und vorausschauend zu handeln“, sagt der Diplom-Ingenieur Werner Neumüller, der gemeinsam mit seiner Frau Regina eine der größten Ingenieur- und Personaldienstleister-Agenturen in Nordbayern (Neumüller Unternehmensgruppe) leitet. Immer stand im Unternehmen eine qualitative Orientierung im Vordergrund. Der so erarbeitete wirtschaftliche Erfolg ist für beide – im Sinne von Andreas Zeuch – die Grundlage, „damit Demokratie in dem jeweiligen sozialen System eines Unternehmens überhaupt gelebt werden kann“.
Neumüller bestätigt auch, dass Karriere als Selbstzweck nicht funktioniert, denn es braucht neben inhaltlicher und fachlicher Motivation auch eine Klarheit des Denkens sowie Talent und Fleiß. Das sind wichtige Voraussetzungen für die Herausforderungen der Zukunft, deren Gelingen davon abhängt, wie wir heute mit sozialen Systemen umgehen. Es ist unsere Aufgabe, sie so auszulegen, dass sie gegenüber Störungen stabil sind und im Gleichgewicht bleiben. Doch das können sie nur, wenn sie von Menschen für Menschen getragen werden. „Genau deshalb geht es auch darum, eine Arbeitswelt zu schaffen, in der die tägliche Arbeit (mehr) Spaß macht und als sinnvoll erlebt wird.“ (Andreas Zeuch).
Dr. Alexandra Hildebrandt, Publizistin, Wirtschaftspsychologin und Nachhaltigkeitsexpertin. Twitter: @AHildebrandt70 Foto: Steffi Henn |