Welchen Einfluss hat eine schlechte Raumakustik auf die im Büro Tätigen? Im Rahmen der Fachmesse Acoustex 2019 sprachen wir darüber mit dem Psychoakustiker Benjamin Müller vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Stuttgart.
Herr Müller, warum ist die Raumakustik in Büroumgebungen ein so wichtiges Thema?
Benjamin Müller: Das Thema ist heute aktueller denn je. Immer mehr Deutsche arbeiten im Büro (derzeit etwa 17 Millionen) und verbringen dort einen großen Teil ihrer Lebenszeit. Laut einer Befragung unseres Instituts von 2011 zur Wichtigkeit von Raumparametern für Mitarbeitende in Büros, nimmt die Akustik den ersten Platz ein. Der „leise Lärm“ ist eine der Ursachen für die zunehmenden psychischen Belastungen im Büro, denn unser Gehör lässt sich nicht „abschalten“. Geräusche werden vom Gehirn (sogar im Schlaf) automatisch erkannt und verarbeitet. Denn evolutionär bedingt ist das Gehör unser Alarmorgan und damit immer wachsam.
Wie hat sich das Thema „Lärm im Büro“ in den letzten Jahren entwickelt?
Aktuell finden in vielen Unternehmen in Deutschland Umstrukturierungen statt. Die neuen Büros sind meist größer und offener. Kleinere Büros, welche in Bezug auf Störung durch Lärm selten Probleme mit sich brachten, werden aus Gründen der Flächeneffizienz zunehmend abgeschafft. Aufgrund des steigenden Bedarfs an Lösungen für Open-Space-Offices drängen immer mehr Hersteller von Akustikprodukten auf den Markt. Unserer Erfahrung nach bringen nicht alle Produkte die versprochene Wirkung. Außerdem müssen die Lösungen sinnvoll eingesetzt werden, um wirksam zu sein.
Ihr Vortrag auf der Acoustex, die am 1. und 2. Oktober in Dortmund stattfindet, verspricht Ansätze gegen „leisen Lärm“ aus der angewandten Forschung. Was sind die Schwerpunkte Ihrer Forschung?
In unserer Forschung setzen wir meist auf die Kombination zwischen bauphysikalischen und psychologischen Messungen sowie Befragungen. Diese Methodik lässt beispielsweise Rückschlüsse zu, ob und wie sich raum- sowie elektroakustische Maßnahmen auf das Empfinden von Mitarbeitenden sowie auf ihre kognitive Leistungsfähigkeit auswirken. In unserem Institut betrachten wir jedoch nicht nur die akustischen Auswirkungen, sondern wir untersuchen auch andere (bauphysikalische) Einflussfaktoren wie beispielsweise Raumklima, Licht und Biophilic-Design. In unserem einzigartigen Versuchslabor der „High Performance Indoor Environment“ haben wir zudem die Möglichkeit, multimodale Studien durchzuführen, also Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Einflussfaktoren zu untersuchen.
Was können Büroplaner, Architekten und Unternehmen an Wissen und Erfahrung von der Messe Acoustex mit ins heimische Büro nehmen?
Die Messe wird sicher viele Planungshilfen und Best Practices bieten, um die Büros der Zukunft menschzentrierter gestalten zu können. Diese menschzentrierte Gestaltung ist aus unserer Sicht hochrelevant, um Gesundheit, Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit von Mitarbeitenden in Büroräumen gewährleisten zu können.
Das vollständige Interview finden Sie hier: