Auch im Bereich der Raumakustik existiert eine Vielzahl von Regelwerken, Normen, Richtlinien und weiteren Schriften. Der Akustikexperte Dr. Christian Nocke bringt Licht in diesen Dschungel.
Als das zentrale und wichtigste Regelwerk ist sicherlich die erstmalig 1968 eingeführt DIN 18041 zu nennen. In aktueller Fassung und mit neuem Titel ist sie im Jahr 2016 erschienen. Hierin finden sich Anforderungen und Empfehlungen für eine Vielzahl von Räumen. Dieses zentrale Regelwerk verweist auf weitere Normen zur Messung, Bewertung und auch Berechnung.
Die Sabinesche Nachhallformel
Die wohlbekannte und in der Praxis erprobte Sabinesche Nachhallformel ist durch DIN EN 12354-6: 2004-04 “Bauakustik – Berechnung der akustischen Eigenschaften von Gebäuden aus den Bauteileigenschaften – Teil 6: Schallabsorption in Räumen” normativ beschrieben. Weitere Rechenverfahren wie das im Bereich des Arbeitsschutzes vielfach angewendete Spiegelquellenverfahren sind durch die Richtlinie VDI 3760 „Berechnung und Messung der Schallausbreitung in Arbeitsräumen“ (1996) festgelegt. Eine normative Beschreibung weiterer Rechenverfahren wie Strahlverfolgung erscheint rein physikalisch kaum möglich, sodass andere Ideen zu Qualitätssicherung entsprechender Simulationsprogramme zur Diskussion stehen.
Messung der Raumakustik
Die Messung der zentralen Kenngröße der Raumakustik, der Nachhallzeit, wird durch DIN EN ISO 3382-2: 2008-09 “Akustik – Messung von Parametern der Raumakustik – Teil 2: Nachhallzeit in gewöhnlichen Räumen” beschrieben. Weitere raumakustische Parameter sind durch die Teile 1 (Aufführungsräume) und 3 (Großraumbüros) messtechnisch definiert. Die Kenngrößen aus DIN EN ISO 3382-3: Akustik Messung von Parametern der Raumakustik. Teil 3: Großraumbüros (2012) bilden die Grundlage für weitere Bewertungen von Räumen.
Die Messung der Schallabsorption von akustisch wirksamen Materialien und Aufbauten erfolgt anhand von DIN EN ISO 354: 2003-12 “Akustik – Messung der Schallabsorption in Hallräumen” (Dezember 2003). Die Bewertung des Schallabsorptionsgrads von flächigen Schallabsorbern wird durch DIN EN ISO 11654 “Akustik – Schallabsorber für die Anwendung in Gebäuden – Bewertung der Schallabsorption” (1997) beschrieben. Die hierin definierten Schallabsorberklassen werden häufig fehlinterpretiert und auch für Einzelobjekte (im Sinne der ISO 354) wie Stellwände, Tischaufsätze oder andere Einrichtungsgegenstände verwendet. Mit dem Entwurf E DIN EN ISO 11654: 2017-10 “Akustik – Schallabsorber – Bewertung von Schallabsorptionsgraden” (Oktober 2017) soll die Abschaffung der Absorberklassen vollzogen werden.
Bewertung der Akustik in Objekten
Zur Bewertung von Objekten ist aktuell der Entwurf ISO/DIS 20189 “Akustik – Stellwände und einzelne Objekte zur Verwendung in Innenräumen – Auslegung der Schallabsorption und Schalldämmung von Bauteilen aufgrund von Messungen im Prüfstand” erschienen. Weitere Hinweise zur Wirkung von Schallschirmen sind in DIN EN ISO 17624 “Akustik – Leitfaden für den Schallschutz in Büros und Arbeitsräumen durch Schallschirme” (März 2005) oder auch VDI 2720 Blatt 2 “Schallschutz durch Abschirmung in Räumen” (April 1983) dargestellt. Ein weiteres Regelwerk zur Schallabschirmung ist DIN EN ISO 11821:1997-08 “Akustik – Messung der Schalldämpfung von versetzbaren Schallschirmen im Einsatzfall”.
Die Messung des Schallpegels erfolgt nach DIN 45645-2: 2012-09 “Ermittlung von Beurteilungspegeln aus Messungen Teil 2: Ermittlung des Beurteilungspegels am Arbeitsplatz bei Tätigkeit unterhalb des Pegelbereiches der Gehörgefährdung” (September 2012), bei Beurteilungspegeln unter 80 dB. Für den gehörgefährdenden Bereich ist DIN EN ISO 9612: 2009-09 “Akustik – Bestimmung der Lärmexposition am Arbeitsplatz – Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 (Ingenieurverfahren)” (September 2009) zu verwenden.
Die Bewertung und Einstufung der raumakustischen Qualität von Räumen kann anhand von Regelwerken wie DIN 18041 “Hörsamkeit in Räumen. Anforderungen, Empfehlungen und Hinweise für die Planung” (März 2016), VDI 2569 (Entwurf 2016) “Schallschutz und akustische Gestaltung im Büro” (Februar 2016) oder auch andere Vorgaben aus dem Bereich des Arbeitsschutzes erfolgen, zum Beispiel Technische Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung Teil 3 “Lärmschutzmaßnahmen” (Januar 2010).
Eine andere Art der Bewertung erfolgt durch die Betrachtung des Schallpegels in Räumen. Vorgaben hierzu sind in VDI 2058 Blatt 3 “Beurteilung von Lärm am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung unterschiedlicher Tätigkeiten” (2014) zu Immissionsrichtwerten angeführt.
Allgemeinverständliche Informationen zur Raumakustik
Vor der Lektüre all dieser detaillierten Normen und Richtlinien empfiehlt sich ein Blick in allgemeinverständliche Übersichtsdokumente. Aus Sicht des Arbeitsschutzes sind die DGUV Information 215-410 “Bildschirm- und Büroarbeitsplätze” (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV), September 2015) zu erwähnen sowie DGUV Information 215-443 “Akustik im Büro” (bisher BGI 5141), in Überarbeitung (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV), September 2012), DGUV Information 215-441 “Büroraumplanung” (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV), September 2016) oder DGUV BGIA Lärmschutz-Arbeitsblatt LSA 01-391 “Akustische Raumgestaltung von Call Centern” (BGI/GUV-I 792; Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV), Oktober 2009). Eine Einführung in und eine Übersicht über die Thematik Raumakustik gibt die iba-Fachschrift Nr. 8 Raumakustik (3. Auflage 2016). Die Wirkungen von Lärm werden in einer Übersichtsstudie durch die IBA-Fachschrift Nr. 11 Schall- und Lärmwirkung (2. Auflage 2016) erläutert.
Mehr Informationen finden Sie in Christian Nocke: “Raumakustik im Alltag”, 2. Auflage, IRB Fraunhofer Verlag, 2018.